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Tifereth 8 page
»Gut, aber worin besteht nun das von den Templern entdeckte Geheimnis?« »Geduld, das finden wir auch noch heraus. Es hat sieben Tage gedauert, die Welt zu erschaffen. Suchen wir weiter.«
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The earth is a magnetic body; in fact, as some scientists have found, it is one vast magnet, as Paracelsus affirmed some 300 years ago. (Die Erde ist ein magnetischer Körper; tatsächlich, wie einige Wissenschaftler entdeckt haben, ist sie ein einziger großer Magnet, wie es Paracelsus schon vor 300 Jahren behauptet hatte.)
Helene Petrovna Blavatsky, Isis Unveiled, New York, Bouton, 1877, I, p. XXIII
Wir suchten und fanden. Die Erde ist ein großer Magnet. Die Kraft und Richtung ihrer inneren Ströme werden unter anderem auch durch den Einfluß der Himmelskörper bestimmt, durch den Wechsel der Jahreszeiten, den Druck der Äquinoktien, die kosmischen Zyklen. Deshalb ist das System der Ströme veränderlich. Aber es muß sich mit ihm wie mit den Haaren auf dem menschlichen Kopf verhalten, die zwar auf der ganzen Schädeldecke wachsen, aber in Spiralen aus einem bestimmten Punkt am Hinterkopf zu kommen scheinen, aus dem Wirbel, wo sie am widerspenstigsten gegen den Kamm sind. Hat man den entsprechenden Punkt auf der Erde einmal identifiziert und die mächtigste Energiestation an ihm errichtet, so müsste man in der Lage sein, sämtliche unter‑und innerirdischen Strömungen des Planeten zu kontrollieren, sie zu lenken und zu beherrschen. Die Templer hatten begriffen, daß es bei dem Geheimnis nicht nur darum ging, den globalen Plan der Erdstrahlen zu besitzen, sondern auch den kritischen Punkt zu kennen, den Omphalos, den Umbilicus Telluris oder Nabel der Welt, den Zentralen Befehlsstand. Die ganze alchimistische Mythologie, der chthonische Abstieg des Schwarzen Werkes, die elektrische Entladung des Weißen Werkes, das alles waren nur Symbole, den Eingeweihten verständlich, für diese jahrhundertelange Auskultation des Erdballs, deren Endergebnis das Rote Werk sein müsste, die globale Erkenntnis, die strahlende Herrschaft über das planetarische Strömungssystem. Das Geheimnis, das wahre alchimistische und templerische Geheimnis bestand darin, den Quell und Ursprung jenes leisen inneren Bebens zu finden, das – sanft, erschreckend und regelmäßig vibrierend wie das Beben der Schlange Kundalini, in vielen Aspekten noch unbekannt, aber gewiss präzise wie ein Uhrwerk – den einzigen, wahren Stein kennzeichnet, der je vom Himmel ins Exil gefallen ist: die Große Mutter Erde. Dies war es im übrigen, was Philipp der Schöne herausfinden wollte. Daher das boshafte Insistieren seiner Inquisitoren auf dem mysteriösen Kuss in posteriore parte spine dorsi. Sie wollten das Geheimnis der Kundalini. Von wegen Sodomie. »Perfekt«, sagte Diotallevi.»Aber wenn man die tellurischen Strömungen lenken kann, was macht man dann mit ihnen? Einen Jux?« »Na hören Sie«, sagte ich,»begreifen Sie nicht, was das heißt? Steck die größte und stärkste Akupunkturnadel in den Nabel der Welt, und du bist in der Lage, Regen‑und Trockenzeiten vorauszubestimmen, Orkane zu entfesseln, Hurrikane, Erdbeben, Meeresbeben auszulösen, Kontinente zu spalten, Inseln versinken zu lassen (sicher ist Atlantis durch ein fehlgeschlagenes Experiment dieser Art versunken), Urwälder und Gebirge wachsen zu lassen... Stellen Sie sich das mal vor! Das ist was anderes als die Atombombe, die auch dem schadet, der sie abwirft. Aus der Kommandozentrale telefonieren Sie mit, was weiß ich, dem Präsidenten der USA und sagen: Mister President, bis morgen will ich eine Phantastillion Dollar, oder die Unabhängigkeit Lateinamerikas, oder Hawaii, oder die Vernichtung aller Atomwaffen, sonst bricht der San‑Andreas‑Graben in Kalifornien auf und Las Vegas wird eine schwimmende Spielhölle... « »Aber Las Vegas liegt in Nevada... « »Na wenn schon. Wer die Erdstrahlen kontrolliert, kann auch Nevada abbrechen lassen, auch Colorado. Und dann telefonieren Sie mit dem Obersten Sowjet und sagen, he, Freunde, bis Montag will ich den ganzen Kaviar von der Wolga, und dazu Sibirien als Lager für Tiefkühlware, sonst sauge ich euch den Ural weg, lasse das Kaspische Meer austrocknen, lasse Litauen und Estland abdriften und im Philippinengraben versinken... « »Wahrhaftig«, sagte Diotallevi.»Eine ungeheure Macht. Die Erde neu schreiben wie die Torah. Japan in die Karibik verlegen... « »Panik in Wall Street.« »Vergesst SDI. Vergesst die Umwandlung der Metalle in Gold. Mit der richtigen Ladung treibt man das Erdinnere zum Orgasmus, lässt man die Erde in zehn Sekunden vollbringen, was sie in Milliarden von Jahren vollbracht hat, und das ganze Ruhrgebiet wird eine Diamantmine. Eliphas Levi hat gesagt, die Kenntnis der Gezeiten und Ströme des Universums sei das Geheimnis der menschlichen Omnipotenz.« »So muß es sein«, sagte Belbo.»Es ist als verwandelte man die ganze Welt in eine Orgonkammer. Kein Zweifel, auch Wilhelm Reich war ein Templer.« »Alle waren es, außer uns. Zum Glück haben wir's gemerkt. Jetzt kommen wir ihnen zuvor.« Was mochte die Templer gehindert haben, ihr Wissen zu nutzen, nachdem sie das Geheimnis einmal entdeckt hatten? Sie mussten es ausbeuten, sicher. Aber vom Wissen zum Können ist es ein weiter Weg. Zuerst einmal, instruiert von dem diabolischen heiligen Bernhard, ersetzten sie überall die Menhire, diese dürftigen keltischen Akupunkturnadeln, durch die viel sensibleren und potenteren gotischen Kathedralen mit ihren unterirdischen Krypten, bewohnt von Schwarzen Jungfrauen in direktem Kontakt zu den radioaktiven Schichten, um so Europa mit einem Netz von Sende‑Empfangsstationen zu überziehen, die einander die Stärken und Richtungen der unterirdischen Flüsse, die Launen und Spannungen der tellurischen Ströme mitteilten. »Ich sage Ihnen, sie haben die Gold‑und Silberminen in der Neuen Welt entdeckt, haben dort Eruptionen provoziert und dann, durch entsprechende Lenkung des Golfstroms, die Bodenschätze an die portugiesische Küste abfließen lassen. Tomar war das Steuer‑und Verteilungszentrum, der Fôret d’Orient das Hauptmagazin. So kam ihr ganzer Reichtum zustande. Aber das waren alles nur winzige Häppchen. Die Templer hatten begriffen, daß sie, um ihr Geheimnis voll auszubeuten, erst eine technische Entwicklung abwarten mussten, die mindestens sechshundert Jahre dauern würde.« Also hatten die Templer den Großen Plan so eingerichtet, daß erst ihre Nachfolger zu einer Zeit, wenn sie in der Lage sein würden, ihr Wissen gut zu gebrauchen, herausfinden könnten, wo sich der Umbilicus Telluris befand. Aber wie hatten sie die Fragmente der Enthüllung auf die in alle Welt verstreuten Sechsunddreißig verteilt? Waren es lauter Teile ein und derselben Botschaft? Wieso bedurfte es einer so komplexen Botschaft, um mitzuteilen, daß der Nabel der Welt zum Beispiel in Baden‑Baden ist, oder in Cuneo, in Chattanooga? War es eine Karte? Aber eine Karte hätte ein Zeichen auf dem gesuchten Punkt, und wer das Fragment mit dem Zeichen besäße, wüsste schon alles und bräuchte die anderen Fragmente nicht mehr. Nein, die Sache musste komplizierter sein. Wir zerbrachen uns ein paar Tage den Kopf, bis Belbo beschloss, Abulafia zu fragen. Und der Orakelspruch lautete: Guillaume Postel stirbt 1581. Bacon ist Viscount of Saint Albans. Im Conservatoire ist das Foucaultsche Pendel. Es wurde Zeit, eine Funktion für das Pendel zu finden. Schon nach wenigen Tagen konnte ich eine ziemlich elegante Lösung vorschlagen. Ein Diaboliker hatte uns einen Text über das hermetische Geheimnis der Kathedralen vorgelegt. Dem Autor zufolge hatten die Erbauer der Kathedrale von Chartres eines Tages ein Senkblei an einem Gewölbeschlussstein hängen lassen und aus seinem Pendeln mühelos die Rotation der Erde erschlossen. Aha, deswegen der Prozess gegen Galilei, hatte Diotallevi bemerkt, die Kirche hatte in ihm den Templer gewittert – nein, hatte Belbo gesagt, die Kardinäle, die Galilei verurteilt hatten, waren in Rom eingeschleuste templerische Adepten, die sich beeilten, dem verdammten Toskaner das Maul zu stopfen, diesem treulosen Templer, der aus Eitelkeit alles auszuplaudern drohte, fast vierhundert Jahre vor dem Ablauf des Großen Plans. In jedem Fall erklärte diese Entdeckung, warum jene Maurermeister auf den Boden unter das Pendel ein Labyrinth gezeichnet hatten, das stilisierte Bild des Systems der innerirdischen Ströme. Wir besorgten uns eine Abbildung des Labyrinths von Chartres, und es war eine Sonnenuhr, eine Windrose, ein Adernsystem, eine Schleimspur der schläfrigen Bewegungen Kundalinis. Eine Weltkarte der tellurischen Strömungen. »Gut, nehmen wir an, die Templer benutzten das Pendel, um den Umbilicus Mundi anzuzeigen. Anstelle des Labyrinths, das immer noch ein abstraktes Schema ist, lege man eine Karte der Welt auf den Boden und sage zum Beispiel: Der Punkt, auf den die Pendelspitze in einem gegebenen Augenblick zeigt, ist der Umbilicus. Aber wo?« »Der Ort ist keine Frage, es muß Saint‑Martin‑des‑Champs sein, das Refugium.« »Ja, aber«, wandte Belbo spitzfindig ein,»angenommen, das Pendel pendelt um Mitternacht längs einer Achse Kopenhagen‑Kapstadt. Wo liegt dann der Umbilicus, in Dänemark oder in Südafrika?« »Der Einwand ist berechtigt«, sagte ich.»Aber unser Diaboliker berichtet auch, daß es in Chartres einen Sprung in einem Chorfenster gibt, durch den zu einer bestimmten Stunde des Tages ein Sonnenstrahl hereinfallt, um immer denselben Punkt zu beleuchten, immer denselben Stein im Fußboden. Ich habe vergessen, welche Folgerung daraus zu ziehen ist, aber in jedem Fall handelt es sich um ein großes Geheimnis. Damit hätten wir den Mechanismus: im Chor von Saint‑Martin gibt es ein Fenster mit einem kleinen Loch, einem herausgebrochenen Stück an der Stelle, wo zwei farbige oder mattierte Scheiben von der Bleifassung zusammengehalten werden. Es ist punktgenau kalkuliert worden, und vermutlich gibt es seit sechshundert Jahren jemanden, der sich die Mühe macht, es in Form zu halten. Bei Sonnenaufgang an einem bestimmten Tag des Jahres...« »... der kein anderer sein kann als der 24. Juni, der Tag nach der Johannisnacht, dem Fest der Sommersonnwende... « »... genau, an dem Tag und zu der Stunde trifft der erste Sonnenstrahl, der durch das Loch im Chorfenster einfallt, auf das Pendel, und genau an dem Punkt auf der Karte unter dem Pendel, auf den die Pendelspitze in dem Augenblick zeigt, in dem sie von dem Sonnenstrahl getroffen wird, da liegt der Umbilicus!« »Perfekt«, sagte Belbo.»Und wenn es bewölkt ist?« »Dann wartet man auf das nächste Jahr.« »Entschuldigung«, wandte Belbo nochmals ein.»Das letzte Treffen ist in Jerusalem. Hängt dann das Pendel nicht eher in der Kuppel der Omar‑Moschee?« »Nein«, versicherte ich.»An bestimmten Punkten der Erde vollzieht das Pendel seinen Zyklus in sechsunddreißig Stunden, am Nordpol würde es vierundzwanzig Stunden brauchen, und am Äquator würde sich die Schwingungsebene nie ändern. Also kommt es auf den Ort an. Wenn die Templer ihre Entdeckung in Saint‑Martin gemacht haben, gilt ihre Berechnung nur für Paris, denn in Palästina würde das Pendel eine andere Kurve beschreiben.« »Und wer sagt uns, daß sie ihre Entdeckung in Saint‑Martin gemacht haben?« »Die Tatsache, daß sie Saint‑Martin zu ihrem Refugium gemacht haben, daß sie es die ganze Zeit unter Kontrolle gehalten haben, vom Prior des Klosters Saint Albans über Guillaume Postel bis zum Konvent, die Tatsache, daß sie nach Foucaults ersten Experimenten das Pendel dort haben anbringen lassen... Es gibt zu viele Indizien.« »Aber das letzte Treffen ist in Jerusalem.« »Na und? In Jerusalem wird die Botschaft zusammengesetzt, und das geht nicht in fünf Minuten. Dann bereitet man sich ein Jahr lang vor, und am 23. Juni des nächsten Jahres treffen sich alle sechs Gruppen in Paris, um endlich zu erfahren, wo der Umbilicus ist, und sich daran zu machen, die Welt zu erobern.« »Aber«, beharrte Belbo,»da ist noch was anderes, was mir nicht einleuchten will. Daß es bei der letzten Enthüllung um den Umbilicus gehen würde, wussten alle Sechsunddreißig. Das Pendel war schon in den Kathedralen benutzt worden, ergo war es kein Geheimnis. Was also hinderte Bacon oder Postel oder auch Foucault – denn wenn er die Sache mit dem Pendel aufgezogen hatte, muß auch er zu der Clique gehört haben –, was zum Teufel hinderte sie daran, eine Karte der Welt auf den Boden zu legen und sie nach den Kardinalpunkten auszurichten? Wir sind auf dem Holzweg.« »Wir sind nicht auf dem Holzweg«, sagte ich.»Die Botschaft sagt etwas, das niemand wissen konnte: Was für eine Karte man nehmen musste!«
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A map is not the territory. (Eine Karte ist nicht das Territorium.)
Alfred Korzybski, Science and Sanity, 1933; 4. ed., The International Non‑Aristotelian Library, 1958, II, 4, p. 58
»Ist Ihnen der Stand des Kartenwesens zur Zeit der Templer gegenwärtig?«fragte ich,»Damals kursierten arabische Karten, die Afrika oben und Europa unten zeigten, Seekarten, die im großen ganzen schon recht genau waren, und Karten, die bereits drei‑bis vierhundert Jahre alt waren, aber in den Schulen noch immer als brauchbar galten. Beachten Sie, daß man, um anzugeben, wo der Nabel der Welt ist, keine genaue Karte in dem Sinne braucht, wie wir heute den Begriff der genauen Karte verstehen. Es genügt, daß sie eine Karte ist, die, einmal ausgerichtet, den Nabel an dem Punkt zeigt, über welchem das Pendel beim ersten Sonnenstrahl am Morgen des 24. Juni aufleuchtet. Nun passen Sie auf. Nehmen wir rein hypothetisch an, der Nabel der Welt wäre in Jerusalem. Auf unseren heutigen Karten liegt Jerusalem an einem bestimmten Punkt, und der ist auch heute noch abhängig von der Projektion. Aber die Templer benutzten eine Gott weiß wie beschaffene Karte. Und warum auch nicht, was scherte es sie? Nicht das Pendel richtet sich nach der Karte, sondern die Karte richtet sich nach dem Pendel. Verstehen Sie, was ich meine? Es konnte die unsinnigste Karte der Welt sein, solange nur, wenn sie einmal unter dem Pendel lag, der erste Sonnenstrahl am Morgen des 24. Juni den Punkt traf, wo auf dieser und keiner anderen Karte Jerusalem lag.« »Aber das löst unser Problem nicht«, sagte Diotallevi. »Sicher nicht, und auch nicht das der sechsundreißig Unsichtbaren. Denn ohne die richtige Karte läuft gar nichts. Denken wir uns mal versuchsweise eine Karte mit der üblichen Orientierung, also mit dem Osten zur Apsis und dem Westen zum Schiff, denn so sind die Kirchen orientiert. Nun stellen wir eine beliebige Hypothese auf, beispielsweise: daß sich in dem schicksalhaften Moment das Pendel über einer Gegend irgendwo im Südosten befinden muß. Wenn es sich um eine Uhr handelte, würden wir sagen, das Pendel muß fünf vor halb sechs anzeigen. Okay? Nun sehen sie sich einmal dies hier an.« Ich schlug eine Geschichte der Kartografie auf.
Mappa Mundi der Bibliothek Turin (12. Jh.)
aus Leon Gautier, La Chavalerie, Paris, Palme, 1884, p. 153
Mappa Mundi
aus Leon Gautier, La Chavalerie, Paris, Palme, 1884, p. 153
»Hier, Nummer eins, eine Weltkarte aus dem zwölften Jahrhundert. Folgt dem Modell der Karten in T‑Form, oben Asien mit dem Irdischen Paradies, links Europa, rechts Afrika und ganz rechts, jenseits von Afrika, haben wir die Antipoden. Nummer zwei, ein Kartentyp, der sich an Macrobius' Somnium Scipionis inspiriert und in einigen Varianten bis ins sechzehnte Jahrhundert überlebt. Afrika ist ein bisschen schmal geraten, aber naja. Nun passen Sie auf. orientieren Sie die beiden Karten in gleicher Weise, und Sie werden feststellen, daß die Position fünf vor halb sechs auf der ersten Karte etwa Arabien entspricht und auf der zweiten etwa Neuseeland, denn dort sind unsere Antipoden. Wir können alles über das Pendel wissen, aber wenn wir nicht wissen, welche Karte wir nehmen sollen, sind wir verloren. Die Botschaft enthielt Angaben, höchst verschlüsselte selbstverständlich, über die richtige Karte, die womöglich extra zu dem Zweck gezeichnet worden war. Die Botschaft sagte, wo man diese Karte finden konnte, in welchem Manuskript in welcher Bibliothek, in welcher Abtei oder Burg. Und es konnte sogar sein, daß John Dee oder Bacon oder sonst jemand die Botschaft rekonstruiert hatte – wer weiß, die Botschaft sagte, die Karte findet sich da und da, aber inzwischen, nach allem, was in Europa passiert war, ist die Abtei mit der Karte abgebrannt, oder die Karte ist gestohlen worden und liegt nun Gott weiß wo versteckt. Vielleicht gibt es jemanden, der die Karte hat, aber nicht weiß, wozu sie dient, oder er ahnt, daß sie wertvoll ist, aber er weiß nicht warum, und nun reist er durch die Welt auf der Suche nach einem Käufer. Denken Sie nur, was für ein Gewimmel von Angeboten, falschen Spuren, Botschaften, die etwas ganz anderes besagen, aber gelesen werden, als sprächen sie von der Karte, und Botschaften, die von der Karte sprechen, aber gelesen werden, als handelten sie, was weiß ich, von der Goldfabrikation. Und wahrscheinlich versuchen auch einige, die Karte direkt zu rekonstruieren, anhand von Mutmaßungen.« »Was für Mutmaßungen?« »Zum Beispiel über mikro‑makrokosmische Korrespondenzen. Hier sehen Sie noch eine dritte Karte. Wissen Sie, woher die kommt? Sie erscheint im zweiten Traktat der Utriusque Cosmi Historia von Robert Fludd. Fludd ist der Mann der Rosenkreuzer in London, vergessen wir das nicht. Und was macht nun dieser Robertus de Fluctibus, wie er sich gerne nennen ließ? Er präsentiert eine sehr eigenartige Projektion der Erdkugel, nämlich aus der Perspektive des Nordpols, des mystischen Pols natürlich, und somit aus der Perspektive eines idealen Pendels, das an einem idealen Punkt über dem Nordpol hängt. Jawohl, meine Herren, dies hier ist eine Karte, die konzipiert wurde, um unter ein Pendel gelegt zu werden! Die Beweise sind unwiderleglich, wie kommt es nur, daß niemand vor uns daran gedacht hat?« »Die Diaboliker sind eben schrecklich langsam«, meinte Belbo. »Wir sind eben die einzig würdigen Erben der Templer. Aber lassen Sie mich fortfahren. Sehen Sie sich das noch genauer an, Sie haben das Schema sicher erkannt, es ist eine drehbare Scheibe, so eine, wie sie Trithemius für seine chiffrierten Botschaften benutzte. Dies hier ist gar keine Karte. Es ist der Entwurf für eine Maschine zum Durchprobieren von Variationen, zum Erzeugen von alternativen Karten, bis die richtige gefunden ist. Und Robert Fludd sagt es auch in der Beischrift: ›Dies ist die Skizze für ein instrumentum, es muß noch daran gearbeitet werden.‹« »Aber war Fludd nicht der, der sich in den Kopf gesetzt hatte, die Rotation der Erde zu negieren? Wie konnte er an das Pendel denken?« »Wir haben es mit Initiierten zu tun. Ein Initiierter negiert, was er weiß. Er leugnet, daß er es weiß. Er lügt, um ein Geheimnis zu wahren.« »Das würde erklären«, meinte Belbo,»warum sich John Dee so angelegentlich mit der Kartographie befasste. Nicht um die ›wahre‹ Form der Welt zu erkennen. Sondern um unter all den falschen Karten diejenige zu rekonstruieren, die ihm als einzige nützte, also die einzig richtige war.« »Nicht schlecht, nicht schlecht«, schloss Diotallevi.»Die Wahrheit zu finden, indem man einen verlogenen Text präzise rekonstruiert.«
Planiglobium cosmographicum
aus Robert Fludd, Utriusque Cosmi Historia, II, De Naturae Simia, Frankfurt a. M., de Bry, 1624, p. 545
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La principale occupation de cette Assemblée et la plus utile doibt estre, à mon avis, de travailler à l’histoire naturelle, à peu près suivant les desseins de Verulamius. (Die Hauptbeschäftigung dieser Versammlung und die nützlichste muß nach meinem Dafürhalten sein, an der Naturgeschichte zu arbeiten, mehr oder minder gemäß den Plänen des Verulamius.)
Christian Huygens, Brief an Colbert, in Oeuvres Complètes, Den Haag 1888‑1950, VI, p. 95‑96
Die Wechselfälle der sechs Gruppen beschränkten sich nicht auf die Suche nach der richtigen Karte. Vermutlich hatten die Templer in den beiden ersten Teilen der Botschaft, dem der Portugiesen und dem der Engländer, auf ein Pendel angespielt, aber die Vorstellungen über Pendel waren damals noch ziemlich konfus. Ein Senkblei schwingen zu lassen ist eine Sache, etwas ganz anderes ist es, einen Präzisionsmechanismus zu konstruieren, der genau im vorgesehenen Sekundenbruchteil von einem Sonnenstrahl getroffen wird. Deshalb hatten die Templer sechs Jahrhunderte einkalkuliert. Der Baconsche Flügel machte sich also in dieser Richtung ans Werk und bemühte sich, alle Initiierten, die er verzweifelt zu kontaktieren suchte, auf seine Seite zu ziehen. Zur gleichen Zeit, und das war sicher kein bloßer Zufall, schrieb Salomon de Caus, der Mann der Rosenkreuzer, für Kardinal Richelieu ein Traktat über Sonnenuhren. Danach begann, mit Galilei einsetzend, eine hektische Forschung über Pendel. Als Vorwand diente die Frage, wie man Pendel zur Bestimmung der Latitüden benutzen kann, aber als Huygens 1681 entdeckte, daß eine Pendeluhr, die in Paris genau gegangen war, in Cayenne nachging, begriff er sofort, daß dies von der Veränderung der Zentrifugalkraft durch die Erdrotation kommen musste. Und als er sein Pendeluhrbuch Horologium oszillatorium publizierte, in dem er Galileis Einsichten über Pendel vertiefte, wer rief ihn da nach Paris? Colbert, derselbe, der Salomon de Caus nach Paris geholt hatte, damit er sich um den Pariser Untergrund kümmerte! Und in Italien? Als die Florentiner Accademia del Cimento 1661 die Schlussfolgerungen Foucaults vorwegnahm, löste Herzog Leopold von Toskana sie kaum fünf Jahre später auf, und sofort danach erhielt er aus Rom als geheime Belohnung einen Kardinalshut. Aber damit nicht genug. Auch in den nächsten Jahrhunderten ging die Jagd nach dem Pendel weiter. 1742 (ein Jahr vor dem ersten belegten Auftritt des Grafen von Saint‑Germain!) legte ein gewisser de Mairan der Académie Royale des Sciences eine Denkschrift über Pendel vor; und 1756 (als in Deutschland die templerische Strikte Observanz entstand!) schrieb ein gewisser Bouguer» sur la direction qu’affectent tous les fils à plomb«. Ich fand fantasmagorische Titel, wie diesen von Jean‑Baptiste Biot aus dem Jahre 1821: Recueil d’observations géodésiques, astronomiques et physiques, executées par ordre du Bureau des Longitudes de France, en Espagne, en France, en Angleterre et en Ecosse, pour déterminer la variation de la pésanteur et des degrés terrestres sur le prolongement du méridien de Paris. In Frankreich, Spanien, England und Schottland! Und bezogen auf den Meridian von Saint‑Martin! Und von Sir Edward Sabine, 1823, An Account of Experiments to Determine the Figure of the Earth by Means of the Pendulum Vibrating Seconds in Different Latitudes. Und der mysteriöse Graf Fjodor Petrowitsch Litke publizierte 1836 die Ergebnisse seiner Forschungen über das Verhalten des Pendels während einer Reise um die Welt. Und das für die Kaiserliche Akademie der Wissenschaften in St Petersburg. Wieso jetzt auch die Russen? Und wenn nun in der Zwischenzeit eine Gruppe, sicher eine der Baconschen Linie, beschlossen hätte, das Geheimnis der Strömungen ohne Karte und ohne Pendel zu lösen, einfach durch neues und gründliches Horchen auf den Atem der Schlange? Dann wären die Ahnungen von Salon auf einmal gar nicht mehr so abwegig, denn mehr oder weniger zur Zeit Foucaults begann die industrielle Welt, eine Schöpfung des Baconschen Flügels, mit dem Bau der Untergrundbahnen in den Herzen der europäischen Metropolen. »Stimmt«, sagte Belbo,»das neunzehnte Jahrhundert war geradezu besessen von den Untergründen: Jean Valjean, Fantomas und Javert, Rocambole, ein einziges Hin und Her zwischen unterirdischen Gängen und Abwasserkanälen. Mein Gott, ja, und jetzt, wo ich daran denke: das ganze Werk von Jules Verne ist eine einzige initiatische Offenbarung der Geheimnisse des Untergrundes! Reise zum Mittelpunkt der Erde, zwanzigtausend Meilen unter dem Meer, die Höhlen der geheimnisvollen Insel, die Stadt unter der Erde, das unterirdische Riesenreich des Schwarzen Indien! Man müsste einen Plan seiner außerordentlichen Reisen rekonstruieren, sicher fände man eine Skizze der Windungen der Großen Schlange, eine Karte der Leys, für jeden Kontinent einzeln erstellt. Jules Verne erforschte von oben und von unten das System der tellurischen Ströme!« Ich machte mit:»Wie heißt der Held im Schwarzen Indien? John Garral, fast ein Anagramm von Graal. « »Seien wir nicht zu kopflastig, bleiben wir auf der Erde. Jules Verne hat viel deutlichere Signale ausgesandt: Robur le Conquérant, R. C, Rosencreutz. Und Robur von hinten nach vorn gelesen ergibt Rubor, das Rot der Rose.«
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Philéas Fogg. Un nom qui est une véritable signature: EAS, en grec, a le sens de globalité (il est donc l’équivalent de pan ou de poly) et PHILEAS est donc identique à POLPHILE. Quant à Fogg, c’est»le brouillard«en anglais... Nul doute, Jules Verne appartenait bien à la Société»Le Brouillard«. Il eut même la gentillesse de nous préciser les liens de celleci avec la Rose+Croix, car enfin, qu’estce que ce noble voyageur nommé Philéas Fogg, sinon un Rose+Croix?... Et puis, n’appartientil pas au Reform‑Club dont les initiales R. C. désignent la Rose+Croix réformatrice? Ce Reform‑Club est élevé dans»Pall‑Mall«, évoquant une fois de plus le Songe de Poliphile. (Phileas Fogg. Ein Name, der eine Signatur ist: EAS hat im Griechischen die Bedeutung von Globalität (ist also gleichbedeutend mit pan oder poly), und PHILEAS ist somit dasselbe wie POLYPHIL. Fogg ist englisch»der Nebel«... Kein Zweifel, Jules Verne gehörte zu der Gesellschaft»Der Nebel«, Le Brouillard. Er hatte sogar die Freundlichkeit, uns deren Verbindungen zum Rosen+Kreuz zu präzisieren, denn schließlich, was ist dieser noble Reisende namens Phileas Fogg, wenn nicht ein Rosen+Kreuzer?... Und gehört er nicht zu jenem Reform‑Club, dessen Initialen R. C. das reformatorische Rosen+Kreuz bezeichnen? Und dieser Reform‑Club hat seinen Sitz an der»Pall‑Mall«, womit er einmal mehr den Traum des Polyphil evoziert.)
Michel Lamy, Jules Verne, initié et initiateur, Paris, Payot, 1984, p. 237f
Die Rekonstruktion beanspruchte uns über Tage und Wochen, wir unterbrachen unsere Arbeiten, um uns den neuesten Zusammenhang mitzuteilen, wir lasen alles, was uns in die Finger kam, Lexika, Zeitungen, Comics, Verlagskataloge, diagonal nach möglichen Kurzschlussverbindungen durch, wir blieben an jedem Bouquinistenstand stehen, um zu kramen, schnupperten an den Zeitungskiosken, klauten unverfroren aus den Manuskripten unserer Diaboliker, stürzten mit Triumphgeschrei ins Büro und warfen den letzten Fund auf den Tisch. Wenn ich an diese Wochen zurückdenke, kommt mir das ganze Ganze blitzartig vor, rasant wie ein Film von Larry Semon, voller Slapsticks, mit Türen, die überschallschnell auf‑ und zugehen, Torten, die durch die Luft segeln, Fluchten über Treppen vor und zurück, Zusammenstößen von alten Autos, Zusammenbrüchen von Drugstore‑Regalen zwischen Salven von Dosen, Flaschen, Weichkäsepackungen, Sodawasserfontänen, aufplatzenden Mehlsäcken. Und andererseits, wenn ich an die Zwischenräume und toten Zeiten denke – das übrige Leben, das sich um uns herum abspielte –, kann ich alles auch wie eine Geschichte in Zeitlupe lesen, mit dem Großen Plan, der allmählich Gestalt annahm, langsam wie Slow‑Motion‑Gymnastik, wie die zögernde Drehung des Diskuswerfers, das vorsichtige Schwingen des Kugelstoßers, das lange Zielen beim Golf, das sinnlose Warten beim Baseball. Auf jeden Fall, in welchem Rhythmus auch immer, wurden wir für unsere Mühe belohnt, denn wenn man Zusammenhänge finden will, findet man immer welche, Zusammenhänge zwischen allem und jedem, die Welt explodiert zu einem wirbelnden Netz von Verwandtschaften, in dem alles auf alles verweist und alles alles erklärt... Date: 2015-12-13; view: 474; Íàðóøåíèå àâòîðñêèõ ïðàâ |