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Tifereth 1 page
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Zu träumen, man wohne in einer neuen und unbekannten Stadt, heißt, daß man bald sterben wird. Anderswo nämlich wohnen die Toten, und man weiß nicht, wo. Gerolamo Cardano, Somniorum Synesiorum, Basel 1562, 1, 58
Wenn Geburah die Sefirah der Furcht und des Bösen ist, so ist Tifereth die Sefirah der Schönheit und der Harmonie. Also sprach Diotallevi: Sie ist die erhellende Spekulation, der Baum des Lebens, das Vergnügen, der purpurne Schein. Sie ist die Eintracht von Regel und Freiheit. Und jenes Jahr war für mich das Jahr des Vergnügens, der spielerischen Umwälzung des großen Textes der Welt, das Jahr, in dem wir die Hochzeit des Überlieferten Wissens mit der Elektronischen Maschine feierten. Wir kreierten und hatten Freude daran. Es war das Jahr, in dem wir den Großen Plan erfanden. Zumindest für mich, kein Zweifel, war es ein glückliches Jahr. Lias Schwangerschaft ging in heiterer Ruhe voran, von der Arbeit für Garamond und meiner Agentur konnten wir jetzt einigermaßen auskömmlich leben, ich hatte das Büro in der alten Fabrik am Stadtrand behalten, aber wir hatten Lias Wohnung neu eingerichtet. Das wunderbare Abenteuer der Metalle war mittlerweile in den Händen der Drucker und Korrektoren. Und an diesem Punkt hatte Signor Garamond seine geniale Idee:»Eine illustrierte Geschichte der magischen und hermetischen Wissenschaften! Mit dem Material, das uns die Diaboliker liefern, mit der Kompetenz, die Sie drei inzwischen erworben haben, und mit der Beratung durch diesen unbezahlbaren Doktor Agliè werden Sie in einem Jährchen imstande sein, einen großformatigen Band zusammenzustellen, vierhundert reich illustrierte Seiten, mit Farbtafeln, daß es einem den Atem verschlägt. Unter Verwendung auch großer Teile des Bildmaterials für die Geschichte der Metalle.« »Ja, aber«, wandte ich ein,»das Material ist verschieden. Was fange ich mit dem Foto eines Zyklotrons an?« »Was Sie damit anfangen? Fantasie, Casaubon, Fantasie! Was passiert in diesen Atommaschinen, diesen megatronischen Positronen oder wie die heißen? Die Materie wird gerührt und geknetet, man streut Parmesan drauf, und raus kommen Quarks, Schwarze Löcher, zentrifugiertes Uran oder was weiß ich! Die stoffgewordene Magie, Hermes und Alkermes – na schließlich sind Sie es, der mir die Antwort geben soll! Links der alte Stich von Paracelsus, der Zauberer in seiner Alchimistenküche mit seinen Destillierkolben, auf Goldgrund, und rechts die Quasare, der Mixer für schweres Wasser, die gravitational‑galaktische Antimaterie, ja muß ich denn alles selber machen? Der wahre Magier ist nicht der, der nichts kapiert und mit verbundenen Augen im Nebel herumstochert, sondern der Wissenschaftler, der der Materie ihre verborgenen Geheimnisse entreißt. Es gilt, das Wunderbare rings um uns zu entdecken, den Verdacht zu wecken, daß die Astronomen auf dem Mount Palomar mehr wissen, als sie sagen... « Um mich zu motivieren, erhöhte er mein Gehalt in beinahe spürbarer Weise. Also machte ich mich mit Feuereifer an die Entdeckung der Miniaturen des Liber Solis von Trismosin, des Liber Mutus, des Pseudo‑Lullus. Ich füllte Schnellhefter mit Drudenfüßen, Sefiroth‑Bäumen, Dekanen und Talismanen. Ich streifte durch die entlegensten Säle der Bibliotheken, ich kaufte Dutzende von Büchern in jenen Läden, die früher einmal die Kulturrevolution verkauft hatten. Unter den Diabolikern bewegte ich mich inzwischen mit der Unbefangenheit eines Psychiaters, der seinen Patienten zugetan ist und die Brisen balsamisch findet, die durch den weiten Park seiner Privatklinik wehen. Nach einer Weile beginnt er, Texte über den Wahn zu schreiben, dann wahnhafte Texte. Er merkt nicht, daß seine Kranken ihn angesteckt haben – er glaubt, er wäre ein Künstler geworden. So entstand die Idee des Großen Plans. Diotallevi machte das Spiel mit, da es für ihn eine Form des Gebetes war. Was Belbo anging, glaubte ich damals, daß er sich genauso wie ich amüsierte. Erst jetzt begreife ich, daß er kein echtes Vergnügen daran fand. Er machte mit, so wie einer Nägel kaut. Oder aber er spielte, um wenigstens eine jener falschen Adressen zu finden, oder jene Bühne ohne Rampe, von denen er in seinem file namens»Traum«spricht. Ersatztheologien für einen Engel, der nie ankommen wird. Filename: Traum
Ich weiß nicht mehr, ob ich einen im andern geträumt habe, ob die Träume einander in derselben Nacht folgen, oder ob sie Nacht für Nacht alternieren. Ich suche nach einer Frau, einer Frau, die ich kenne, mit der ich enge Beziehungen hatte, so enge, daß ich gar nicht begreifen kann, wieso ich sie gelockert habe – ich, indem ich mich nicht mehr sehen ließ. Es kommt mir ganz unbegreiflich vor, daß ich so viel Zeit habe vergehen lassen. Ich suche gewiss nach ihr, genauer: nach ihnen, die Frau ist nicht nur eine, es sind viele, die ich alle auf die gleiche Weise verloren habe, alle durch meine Nachlässigkeit – und ich bin von Zweifeln erfüllt, und eine einzige würde mir schon genügen, denn eines weiß ich: durch ihren Verlust habe ich sehr viel verloren. In der Regel kann ich das Notizbuch, in dem die Telefonnummer steht, nicht finden oder habe es nicht mehr oder kann mich nicht entschließen, es aufzuschlagen, und wenn ich's doch aufschlage, ist es, als ob ich weitsichtig wäre, ich kann die Namen nicht lesen. Ich weiß, wo sie ist, oder besser, ich weiß nicht, an welchem Ort, aber ich weiß, wie er aussieht, ich habe eine klare Erinnerung an eine Treppe, einen Hauseingang, eine Wohnungstür. Ich laufe nicht durch die Stadt, um den Ort wiederzufinden, ich fühle mich eher erstarrt vor Angst, blockiert, ich zerbreche mir den Kopf darüber, wie ich es zulassen oder gar wollen konnte, daß die Beziehung erlosch – womöglich, indem ich das letzte Rendezvous versäumte. Ich bin sicher, daß sie auf einen Anruf von mir wartet. Wenn ich nur wüsste, wie sie heißt, ich weiß sehr gut, wer sie ist, ich kann mich nur nicht mehr auf ihr Gesicht besinnen. Manchmal, im Halbschlaf hinterher, hadere ich mit dem Traum. Denk nach, erinnere dich, sage ich mir, du kannst dich sehr gut an alles erinnern, du hast mit allem ordentlich abgeschlossen oder hattest gar nicht erst angefangen. Da ist nichts Unerledigtes in deinem Leben, nichts Verloren gegangenes, nichts, wovon du nicht wüsstest, wo es geblieben ist. Da ist nichts. Bleibt der Verdacht, ich könnte etwas vergessen, in den Falten der Eile liegen gelassen haben, so wie man einen Geldschein oder einen Zettel mit einer wichtigen Notiz in einer Gesäßtasche oder einer alten Jacke vergisst, und erst später geht einem auf, daß gerade dies die allerwichtigste Sache war, die entscheidende, die einzige. Von der Stadt habe ich ein klareres Bild. Es ist Paris, ich bin am linken Seine‑Ufer, und ich weiß, wenn ich über den Fluss ginge, würde ich mich auf einem Platz befinden, der die Place des Vosges sein könnte... nein, offener, denn im Hintergrund steht eine Art Madeleine. Wenn ich den Platz überquere und hinter den Tempel gehe, finde ich eine Straße (mit einem Antiquariat an der Ecke), die im Bogen nach rechts abbiegt zu einer Reihe kleiner Gassen, und da bin ich bestimmt im Barrio Gótico von Barcelona. Man könnte hinausgelangen auf eine breite Allee voller Lichter, und an dieser Allee, ich erinnere mich mit einer Deutlichkeit, als ob ich es vor mir sähe, ist rechts, am Ende einer schmalen Sackgasse, das Theater. Ungewiss bleibt, was an jenem Ort der Freuden geschieht, sicher etwas leicht und fröhlich Verruchtes, wie ein Striptease (deshalb wage ich nicht, mich zu erkundigen), etwas, worüber ich schon genug weiß, um wieder hinzuwollen, voller Erregung. Aber vergeblich, in Richtung Chatham Road geraten die Straßen durcheinander. Ich erwache mit dem Nachgeschmack dieser verpassten Begegnung. Ich kann mich nicht damit abfinden, nicht zu wissen, was ich verloren habe. Manchmal bin ich in einem großen Haus auf dem Land. Es ist weitläufig, aber ich weiß, daß es da noch einen anderen Flügel gibt, und ich kann ihn nicht mehr finden, als ob die Durchgänge zugemauert wären. Und in jenem anderen Flügel sind Zimmer und Zimmer, ich habe sie einmal sehr deutlich gesehen, es ist unmöglich, daß ich sie bloß in einem anderen Traum geträumt habe, Zimmer mit alten Möbeln und verblassten Stichen an den Wänden, mit Tischchen, auf denen altmodische kleine Spielzeugtheater aus bemalten Kartonpapier stehen, und Sofas, auf denen große bestickte Decken liegen, und Regale voller Bücher, alle Jahrgänge des Illustrierten Journals der Reisen und Abenteuer zu Land und zur See, es stimmt gar nicht, daß sie völlig zerlesen sind und die Mama sie dem Lumpensammler gegeben hat. Ich frage mich, wer die Treppen und Korridore durcheinandergebracht haben mag und warum es gerade hier ist, wo ich mir gern mein Buen Retiro erbauen würde, in diesem Geruch von kostbarem altem Trödel. Warum kann ich nicht wie alle andern von der Abiturprüfung träumen?
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Es war ein quadratischer Apparat von zwanzig Fuß Seitenlänge in der Mitte des Raumes. Die Oberfläche bestand aus lauter würfelförmigen Holzstückchen in verschiedener Größe, die durch dünne Drähte miteinander verbunden und auf jeder Seite mit Papier beklebt waren. Auf diesem Papier standen alle Wörter ihrer Sprache in ihren verschiedenen Modi, Konjugationen und Deklinationen, aber ohne jede Ordnung... Auf ein Kommando des Professors ergriffen die Schüler nun jeder eine der vierzig eisernen Kurbeln, die rings um den Rahmen angebracht waren, und gaben ihr eine rasche Drehung, so daß sich die Ordnung der Wörter schlagartig änderte. Alsdann befahl der Professor sechsunddreißig Schülern, die Zeilen zu lesen, so wie sie auf dem Rahmen erschienen, und wenn sie drei oder vier zusammenhängende Wörter fänden, die einen Satzteil bilden könnten, sie den vier anderen Schülern zu diktieren... Jonathan Swift, Gullivers Reisen, III, 5
Ich glaube, daß Belbo beim Nachsinnen über den Traum erneut auf den Gedanken der versäumten Gelegenheit gekommen war, und damit auf sein Verzichtgelöbnis als Strafe für seine Unfähigkeit, den richtigen Augenblick – falls es ihn je gegeben hatte – zu ergreifen. Den Großen Plan begann er, weil er sich damit abgefunden hatte, fiktive Augenblicke zu konstruieren. Ich hatte ihn nach einem Text gefragt, ich weiß nicht mehr welchem, und er hatte auf seinem Schreibtisch gekramt, in einem Stapel von abenteuerlich hochgetürmten, ohne Rücksicht auf Schwere und Größe übereinandergehäuften Manuskripten. Nach einer Weile hatte er den gesuchten Text entdeckt und versucht, ihn herauszuziehen, wobei der ganze Stapel ins Kippen geraten und vom Tisch gestürzt war. Die Mappen waren aufgegangen, und die losen Blätter hatten sich kunterbunt durcheinander über den Boden verstreut. »Wär's nicht besser gewesen, Sie hätten erst mal die obere Hälfte abgehoben?«fragte ich ihn. Verlorene Liebesmüh, er machte es immer so. Und er antwortete unweigerlich:»Das sammelt Gudrun heute Abend auf. Sie muß schließlich eine Aufgabe im Leben haben, sonst verliert sie ihre Identität« Diesmal war ich jedoch persönlich an der Rettung der Manuskripte interessiert, da ich nun zum Hause gehörte.»Aber Gudrun ist nicht imstande, sie wieder richtig zu ordnen. Sie wird die falschen Blätter in die falschen Ordner legen.« »Wenn Diotallevi Sie hörte, würde er frohlocken. So kommen andere Bücher zustande, eklektische, zufällige. Das liegt in der Logik der Diaboliker.« »Aber wir wären in der Situation der Kabbalisten. Jahrtausende, um die richtige Kombination zu finden. Mit Ihrer Methode setzen Sie einfach Gudrun an die Stelle des Affen, der in Ewigkeit auf der Schreibmaschine herumhackt. Der Unterschied liegt nur in der Dauer. Vom Standpunkt der Evolution aus hätten wir nichts gewonnen. Gibt es kein Programm, das Abulafia befähigt, diese Arbeit zu tun?« Inzwischen war Diotallevi hereingekommen. »Klar gibt es eins«, sagte Belbo,»und theoretisch erlaubt es die Eingabe von bis zu zweitausend Daten. Man muß sich nur hinsetzen und sie schreiben. Angenommen, die Eingabedaten sind Verse möglicher Gedichte. Das Programm fragt, wie viele Verse ein Gedicht haben soll, und Sie entscheiden zehn, zwanzig, hundert. Dann nimmt das Programm die Zahl der Sekunden aus der Uhr im Computer und randomisiert sie, was in einfachen Worten heißt: es gewinnt daraus eine Formel für immer neue Kombinationen. Mit zehn Versen können Sie Tausende und Abertausende von Zufallsgedichten bekommen. Gestern habe ich ein paar Verse eingegeben, solche wie Füllest wieder Busch und Tal, Schwer sind meine Lider, Krächzt der Rabe: Nimmermehr, Wenn die Aspidistra wollte, Reich mir die Hand, mein Leben und dergleichen. Hier ein paar Resultate.« Ich zähle die Nächte, es tönt das Sistrum Jenseits des Heckenzaunes Jenseits des Heckenzaunes... Wenn die Aspidistra wollte... Aus dem Herzen der Dämmrung (o Herz), du linkischer Albatros (wenn die Aspidistra wollte...) Jenseits des Heckenzaunes. Füllest wieder Busch und Tal, ich zähle die Nächte, es tönt das Sistrum, krächzt der Rabe: Nimmermehr Füllest wieder Busch und Tal. »Natürlich gibt es Wiederholungen, das war nicht zu vermeiden, es sieht so aus, als würde das Programm sonst ein bisschen zu kompliziert. Aber auch die Wiederholungen haben einen poetischen Sinn.« »Interessant«, meinte Diotallevi.»Das versöhnt mich mit deiner Maschine. Demnach, wenn ich ihr die ganze Torah eingeben und dann befehlen würde, sie – wie heißt der Ausdruck? – zu randomisieren, dann würde sie echte Temurah machen und die Verse des Buches ganz neu kombinieren?« »Sicher, ist nur eine Frage der Zeit. In ein paar Jahrhunderten wärst du fertig.« »Aber«, sagte ich,»wenn man statt dessen ein paar Dutzend Kernsätze aus den Werken der Diaboliker eingibt, zum Beispiel Die Templer sind nach Schottland geflohen, oder Das Corpus hermeticum gelangte 1460 nach Florenz, und dazu ein paar Verbindungsfloskeln wie es ist evident, daß, oder dies beweist, daß, dann könnten wir aufschlussreiche Sequenzen bekommen. Man brauchte nur noch die Lücken zu füllen, oder man wertet die Wiederholungen als Wahrsagungen, Anregungen, Ermahnungen. Schlimmstenfalls erfinden wir auf diese Weise ein ganz neues Kapitel der Geschichte der Magie.« »Genial«, sagte Belbo.»Fangen wir gleich an.« »Nein, es ist schon sieben. Morgen.« »Ich mach's gleich heute Abend. Helfen Sie mir noch einen Moment. Nehmen Sie aufs Geratewohl zwei Dutzend dieser Blätter vom Boden, lesen Sie mir den ersten Satz vor, auf den Ihr Blick fällt, und den gebe ich dann als Datum ein.« Ich bückte mich und nahm ein Blatt:»Joseph von Arimathia bringt den Gral nach Frankreich.« »Hervorragend, ist notiert. Weiter!« »Nach der templerischen Tradition hat Gottfried von Bouillon in Jerusalem das Großpriorat von Zion gestiftet. Debussy war ein Rosenkreuzer.« »Entschuldigung«, sagte Diotallevi,»aber man muß auch ein paar neutrale Daten einfügen, zum Beispiel: Der Koala lebt in Australien, oder: Papin ist der Erfinder des Dampfkochtopfs.« »Minnie ist die Verlobte von Mickymaus«, schlug ich vor. »Übertreiben wir nicht.« »Doch, übertreiben wir. Wenn wir anfangen einzuräumen, daß auch nur eine einzige Gegebenheit im Universum existieren könnte, die nicht etwas anderes enthüllt, sind wir schon außerhalb des hermetischen Denkens.« »Stimmt. Also rein mit Minnie. Und wenn ihr gestattet, ich würde ein fundamentales Grunddatum einfügen: Die Templer sind immer im Spiel.« »Keine Frage«, bestätigte Diotallevi. Wir machten noch ein halbes Stündchen so weiter. Dann war es wirklich spät. Aber Belbo sagte, wir sollten ruhig gehen, er werde allein weitermachen. Gudrun kam herein, um zu sagen, sie werde jetzt abschließen, Belbo teilte ihr mit, daß er noch arbeiten wolle, und bat sie, die Papiere vom Boden aufzulesen. Gudrun grummelte einige Laute, die ebenso gut zum flexionslosen Latein wie zum entlegensten Cheremis gehören konnten und wohl in beiden Missbilligung und Verdruss ausdrückten – ein Zeichen für die universale Verwandtschaft aller Sprachen, die allesamt von einer einzigen adamitischen Ursprache abstammen. Doch sie gehorchte und randomisierte besser als jeder Computer. Am nächsten Morgen empfing uns Belbo strahlend.»Es funktioniert«, rief er.»Es funktioniert und erbringt unverhoffte Resultate. Hier, bitte sehr.«Er reichte uns den gedruckten Output. Die Templer sind immer im Spiel. Das Folgende ist nicht wahr: Jesus ist unter Pontius Pilatus gekreuzigt worden. Der weise Hormus gründete in Ägypten die Rosenkreuzer. Es gibt Kabbalisten in der Provence. Wer vermählte sich auf der Hochzeit zu Kana? Minnie ist die Verlobte von Mickymaus. Daraus folgt, daß Wenn Die Druiden verehrten schwarze Jungfrauen, Dann Simon Magus erkennt die Sophia in einer Prostituierten von Tyrus. Wer vermählte sich auf der Hochzeit zu Kana? Die Merowinger nannten sich Könige von Gottes Gnaden. Die Templer sind immer im Spiel. »Ein bisschen konfus«, meinte Diotallevi. »Du musst die Verbindungen sehen. Und bitte beachte die zweimal auftauchende Frage: Wer vermählte sich auf der Hochzeit zu Kana? Die Wiederholungen sind magische Schlüssel. Natürlich hab ich's ein bisschen vervollständigt, aber die Wahrheit zu vervollständigen ist das Recht des Initiierten. Hier also meine Interpretation: Jesus ist nicht gekreuzigt worden, und deshalb spuckten die Templer auf das Kruzifix. Die Sage des Joseph von Arimathia enthält eine tiefere Wahrheit: Jesus, und nicht der Gral, ist in Frankreich bei den provenzalischen Kabbalisten gelandet. Jesus ist die Metapher des Königs der Welt, des wirklichen Gründers der Rosenkreuzer. Und mit wem ist Jesus in Frankreich gelandet? Mit seiner Gattin! Warum wird in den Evangelien nicht gesagt, wer sich auf der Hochzeit zu Kana vermählte? Nun, weil es die Hochzeit Jesu war, eine Hochzeit, von der man nicht sprechen durfte, weil er eine öffentliche Sünderin ehelichte, nämlich Maria Magdalena. Deshalb suchen seither alle Erleuchteten, von Simon Magus bis zu Guillaume Postel, das Prinzip des Ewig Weiblichen in den Bordellen. Und deshalb ist Jesus der wahre Stammvater des französischen Königshauses.«
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Wenn unsere Hypothese zutrifft, war der Heilige Gral... das Geschlecht und die Nachkommenschaft Jesu, das»Sang real«oder»Königsblut«, dessen Hüter die Templer waren... Zugleich mußte der Heilige Gral im Wortsinne das Gefäß sein, welches das Blut Jesu aufgenommen und enthalten hatte. In anderen Worten, er mußte der Schoß der Magdalena sein. M. Baigent, R. Leigh, H. Lincoln, The Holy Blood and the Holy Grail, London, Cape, 1982, XIV
»Hm«, machte Diotallevi,»niemand würde dich ernst nehmen.« »Im Gegenteil, man könnte ein paar hunderttausend Exemplare davon verkaufen«, sagte ich düster.»Die Geschichte existiert wirklich, sie ist so geschrieben worden, mit winzigen Abweichungen. Es handelt sich um ein Buch über das Mysterium des Grals und die Geheimnisse von Rennes‑le Château. Statt immer nur Manuskripte zu lesen, sollten Sie auch mal Bücher lesen, die anderswo schon erschienen sind.« »Heilige Seraphim!«rief Diotallevi.»Ich hab's doch gesagt, diese Maschine sagt immer nur, was alle schon wissen.«Sprach's und ging unversöhnt hinaus. »Und sie nützt doch!«sagte Belbo pikiert.»Mir ist eine Idee gekommen, die auch andere schon hatten? Na und? Wir sind eben bei der literarischen Polygenese. Signor Garamond würde sagen, das ist der Beweis für die Wahrheit dessen, was ich gesagt habe. Diese Autoren müssen jahrelang über dem Problem gebrütet haben, und ich hab's an einem Abend gelöst.« »Ich stehe auf Ihrer Seite, das Spiel ist der Mühe wert, es hat etwas Zündendes. Aber ich glaube, die Regel ist, daß man viele Daten einfügen muß, die nicht von den Diabolikern stammen. Das Problem ist nicht, okkulte Verbindungen zwischen Debussy und den Templern zu finden. Das tun alle. Das Problem ist, okkulte Beziehungen zwischen, sagen wir, der Kabbala und den Zündkerzen im Auto zu finden.« Ich hatte das nur so hingesagt, aber es brachte Belbo auf eine Spur. Am nächsten Morgen erzählte er mir davon. »Sie hatten ganz recht. Jede Gegebenheit wird bedeutsam, wenn man sie mit einer andern verbindet Die Verbindung ändert die Perspektive. Sie bringt einen auf den Gedanken, daß alle Erscheinungen in der Welt, jede Stimme, jedes geschriebene oder gesprochene Wort nicht das bedeuten, was sie zu bedeuten scheinen, sondern von einem Geheimnis sprechen. Das Kriterium ist simpel: Man muß argwöhnen, immer nur argwöhnen. Geheime Botschaften kann man auch aus einem Einbahnstraßenschild herauslesen.« »Sicher. Manichäischer Moralismus. Abscheu vor der Reproduktion. Durchfahrt verboten, weil sie eine Täuschung des Demiurgen ist. Nicht auf diesem Wege wird man den Rechten Weg finden.« »Gestern Abend ist mir ein altes Lehrbuch für die Führerscheinprüfung in die Hände gefallen, so eins mit technischen Erläuterungen über den Aufbau des Automobils. Es mag am Dämmerlicht gelegen haben oder an dem, was Sie mir gesagt hatten, jedenfalls kam mir sofort der Verdacht, daß diese Seiten insgeheim etwas anderes besagten. Wie, wenn das Automobil nur als eine Metapher der Schöpfung existierte? Freilich darf man sich nicht auf das Äußere beschränken oder auf das Trugbild des Armaturenbretts, man muß auch sehen können, was nur der Artifex sieht, nämlich das, was sich darunter verbirgt. Das Untere ist wie das Obere. Das Automobil ist der Sefiroth‑Baum.« »Was Sie nicht sagen!« »Nicht ich sage das, es selber sagt es. Erstens ist die Motorwelle, die ja nicht zufällig in so vielen Sprachen arbor heißt (arbre moteur, albero motore etc.), wie das Wort sagt, eben ein Baum. Gut, jetzt nehmen Sie den Motor als Kopf, die zwei Vorderräder, die Kupplung, das Getriebe, zwei Gelenke, das Differenzial und die zwei Hinterräder. Zehn Gliederungen, wie die Sefiroth.« »Aber die Positionen stimmen nicht überein.« »Wer sagt das? Diotallevi hat uns erklärt, daß Tifereth in manchen Versionen nicht die sechste, sondern die achte Sefirah war, unter Nezach und Hod. Mein Baum ist eben der von Belboth, eine andere Tradition.« »Fiat.« »Nun folgen wir der Dialektik des Baumes. Oben ist der Motor, omnia movens, der Allbeweger, oder sagen wir: der Kreative Born. Der Motor überträgt seine kreative Energie auf die zwei Höheren Räder – das Rad des Verstandes und das Rad der Weisheit.« »Ja, wenn das Auto Frontantrieb hat... « »Das Schöne am Baum von Belboth ist, daß er metaphysische Alternativen erlaubt. Er ist das Bild eines spirituellen Kosmos mit Frontantrieb, in dem der vorne liegende Motor seinen Willen unverzüglich auf die zwei Höheren Räder überträgt, und er ist in der materialistischen Version das Bild eines degradierten Kosmos, in dem die Bewegung von einem Fernen Beweger auf die zwei Niederen Räder übertragen wird – aus den Tiefen der kosmischen Emanation werden die niederen Kräfte der Materie freigesetzt.« »Und bei einem Heckmotor mit Hinterradantrieb?« »Satanisch. Koinzidenz des Höchsten mit dem Niedrigsten. Gott identifiziert sich mit den Impulsen der rohen hinteren Materie. Gott als ewig frustriertes Streben nach Göttlichkeit. Muss wohl am Bruch der Gefäße liegen.« »Nicht am Bruch des Auspufftopfs?« »Das in den Fehlgeschlagenen Universen, wo sich der giftige Atem der Archonten im Kosmischen Äther ausbreitet. Aber verlieren wir uns nicht auf Abwege. Nach dem Motor und den beiden Rädern kommt die Kupplung, das heißt die Sefirah der Gnade, die jenen Strom der Liebe herstellt oder unterbricht, der den Rest des Baumes mit der Himmlischen Energie verbindet. Eine Scheibe, ein Mandala, das ein anderes Mandala streichelt. Dann der Schrein des Wandels – oder das Wechselgetriebe, wie die Positivisten sagen –, der das Prinzip des Bösen ist, da er dem menschlichen Willen erlaubt, den kontinuierlichen Fortgang der Emanation zu verlangsamen oder zu beschleunigen. Deshalb sind automatische Schaltungen teurer, da es bei ihnen der Baum selber ist, der nach dem Prinzip des Souveränen Gleichmaßes entscheidet. Dann kommt ein Gelenk, das bezeichnenderweise den Namen eines Magiers aus der Renaissance trägt, Cardano, und danach ein Kegelradpaar – beachten Sie bitte den Gegensatz zur Vierfalt der Zylinder im Motor –, in dem es einen Kranz gibt (also eine Corona: Kether Minor), der den Antrieb auf die irdischen Räder überträgt. Und hier zeigt sich ganz evident die Funktion der Sefirah der Differenz, auch Differenzial genannt, die mit majestätischem Sinn für die Schönheit die kosmischen Kräfte auf die beiden Räder des Ruhmes und Sieges verteilt, dieselben, die in einem nicht fehlgeschlagenen Kosmos (mit Frontantrieb) der Bewegung folgen, die von den zwei Erhabenen Rädern diktiert wird.« »Die Deutung ist schlüssig. Und das Herz des Motors, der Ort des Einen, die Krone?« »Lesen Sie's nur einmal mit den Augen des Initiierten. Der Höchste Beweger lebt von einer Wechselbewegung der In‑und Exhalation. Ein komplexen göttlicher Atem, bei dem die Zahl der Einheiten, auch Zylinder genannt (ein evidenter geometrischer Archetyp), ursprünglich zwei war, dann erzeugten sie aus sich heraus einen dritten, und schließlich betrachten und bewegen sie sich durch wechselseitige Liebe in der Glorie des vierten. Bei diesem Atmen nun geht im Ersten Zylinder – doch keiner von ihnen ist Erster aufgrund einer Hierarchie, sondern stets nur durch wunderbar alternierenden Positions‑und Beziehungswechsel –, geht nun, wie gesagt, der Kolben (in den westlichen Weltsprachen piston genannt nach Pistis Sophia) vom Oberen Totpunkt zum Unteren Totpunkt, wobei der Zylinder sich mit Energie im Reinzustand füllt. Ich vereinfache, denn hier kämen noch Hierarchien von Engeln ins Spiel, Distributionsagenten oder Verteiler, die, wie das Lehrbuch hier sagt ›das Öffnen und Schließen der Ventile erlauben, die das Innere des Zylinders in Kommunikation mit den Ansaugrohren für das Gemisch bringen‹... Die interne Zentrale des Motors kann mit dem Rest des Kosmos nur durch diese Vermittlung kommunizieren, und hier enthüllt sich vielleicht – doch ich möchte nichts Häretisches sagen – die originäre Grenze des Einen, der in gewisser Weise, um kreativ sein zu können, die Großen Exzentriker braucht. Man müsste den Text noch einer genaueren Prüfung unterziehen. Jedenfalls, wenn der Zylinder sich dann mit Energie gefüllt hat, steigt der Kolben wieder zum Oberen Totpunkt empor und realisiert so die Maximale Kompression. Das Zimzum. Und an diesem Punkt erfolgt der gloriose Big Bang, der Urknall und die Expansion. Ein Funke glimmt auf, das Gemisch entzündet sich und verpufft, und dies ist, sagt das Lehrbuch, die einzige Aktive Phase des Zyklus. Und wehe, wehe, wenn sich in das Gemisch die Schalen einschleichen, die Qelippoth, Tropfen unreiner Materie wie Wasser oder Coca‑Cola, dann kommt die Explosion nicht zustande oder erfolgt mit rülpsenden Fehlzündungen... « »Heißt Shell nicht so was wie Qelippoth? O je, dann müssen wir uns davor hüten! Von jetzt an nur noch Jungfrauenmilch... « Date: 2015-12-13; view: 444; Íàðóøåíèå àâòîðñêèõ ïðàâ |