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Rückblick 8 page





 

 

Nächte lang liege ich dann wieder auf wunden schmerzenden Knien vor Dir, mein Gott, und büßte, zerreiße mir die Brust in tiefster Reue und ohnmächtigem Versprechen, meinen Glauben wieder aufzurichten, mein Gemüt zu stärken und auszuharren in Gläubigkeit und Zutrauen auf Deine himmlischen Sendboten und Deinen Grünen Engel. Weiß ich doch gar wohl: daß ein Mensch in der geistigen Welt nichts zu gewärtigen und zu erhoffen hat, der nicht mit der Unerschütterlichkeit und Seelengröße eines Elias oder Daniel in der Löwengrube die Versuchungen der Gottverlassenheit und die Schrecken des tiefen Abgrunds zu überwinden und zu bestehen weiß! – Was rufe ich die Andere Welt und ihre glühenden Boten, ich Elender und Unberufener, wenn ich zweifle und zage trotz ihrer herrlichsten Offenbarungen?! Wenn ich sie zu hassen beginne, statt sie zu lieben, bloß weil sie ihre Versprechungen nicht halten?! – Redet nicht der Engel zu mir! Soll ich wieder zurücksinken in die Gemeinschaft der unzähligen blinden unwissenden Menschenzwerge, die dergleichen nicht einmal zu glauben, geschweige denn zu erleben imstande sind? Ist mir nicht der Anblick des Engels hundertemale in Glanz und loderndem Feuer geworden? Hat nicht seine unergründliche Gnade und liebreiche Huld mir schon bei der ersten Begegnung das vollkommene Wissen um die Schmerzen und die unstillbaren Hoffnungen meines Herzens und die geheimsten Wünsche meines Innern geoffenbart und mir Erfüllung verheißen? Was verlange ich mehr, ich Tor und Schwächling, vom Ewigen Wesen? Sind nicht alle Zeichen um mich her aufgerichtet, die mir bezeugen, daß Gottes Kraft und die Geheimnisse der verborgenen jenseitigen Welt im Begriffe sind, sich mir zu enthüllen und in meine Hände sich zu legen, wenn nur diese Hände nicht zittern wie Greisenhände und nicht fallen lassen das köstlichste Gut gleich rinnendem Sande? – Ist nicht das Opfer des Herrn, christliches Abendmahl und heißes Gebet an den Ordner aller Dinge unser Anfang und Ausgang, um die bösen Geister fern von unsern Sitzungen zu halten? Und kündet nicht jedesmal ein überirdisches Licht, ja: ein Licht den feurigen Boten an? Werden nicht geheimste Dinge offenbar? Redet nicht Kelley in Entrückungen in Zungen, nicht anders als die Apostel des Herrn beim Feste der heiligen Pfingsten? – Ich weiß doch seit langem und nicht ohne sorgfältige, ja listige Prüfung, daß Edward Kelley kaum des Lateins mächtig ist, geschweige denn des Griechischen, des Hebräischen oder gar des Aramäischen, in denen er redet, wenn der Geist über ihn kommt. Und all diese Reden haben Bezug auf die edeln Geheimnisse der Perfektion, und oft will es scheinen, als kämen durch den bewußtlosen Mund des Kelley zu Wort: die großen Helden der Vorzeit: Platon, der König Salomon, Aristoteles selbst und Sokrates und Pythagoras!

 

 

Wie also darf ich Gieriger mich in Ungeduld verzehren und verzagen, weil die Operationen, deren es bedarf, um die Geister hörbar und sichtbar zu machen, nach den Anweisungen des Kelley ungemein kostspielig sind und tiefe Löcher in meine bescheidene Kasse reißen. Soll ich knausern, wenn er teure Ingredienzien auf Geheiß des Grünen Engels aus London besorgt, die nötig sind, um die Herstellung des Steins zu probieren, zumal die Recepte in dem Buche des Heiligen Dunstan immer dunkler und geheimnisvoller werden, je weiter wir fortschreiten im Lesen und Studieren? – Zudem kommt noch, daß mein Haus in Mortlake mählich eine Art Gasthaus für viele meiner früheren Kumpane geworden ist, die sich herandrängen, weil durch Kelleys Prahlereien viel von unsern Versuchen und Erfolgen im Goldmachen in den Mund der Leute gekommen ist. Ich habe die Kraft nicht mehr, diesem Treiben ein Halt zu gebieten; ich lasse es laufen, wie es laufen will, und starre dem Sein entgegen, wie ein Vogel den Augen einer Schlange. Bald werde ich nicht mehr wissen, wie ich Weib und Kind versorgen soll, derweilen sich der Kelley von Tag zu Tag mehr dem Wein und der Schwelgerei ergiebt. Ich habe ihm nachgeben müssen, als er verlangte, immer mehr und mehr von dem roten Pulver in Gold zu verwandeln und ich sehe mit Angst, wie die köstliche Essenz von Tag zu Tag schwindet. Nun ist meine ganze Aufmerksamkeit darauf gerichtet, die Geheimnisse des Dunstan'schen Buches mit Hilfe der leider so dunklen Andeutungen des Grünen Engels zu enthüllen, ehe der "Rote Löwe" völlig zur Neige geht!

 

Inzwischen hat sich das Gerücht, daß Geisterbeschwörungen in meinem Hause stattfinden, und daß es spuke und rumore in der Nacht bei mir, weit in der Umgebung ausgebreitet und ist bis zu den Ohren des Hofes und der Königin Elizabeth gedrungen. Während dort bei den Großen und bei Elizabeth all dies Wunderbare mehr Spott als Aufmerksamkeit der Gelehrten hervorruft, ist das Ergebniß meiner Forschung und der damit verbundenen Gerüchte hier auf dem Lande bei dem gemeinen abergläubischen Volk um vieles gefährlicher. Das alte Mißtrauen, ich huldigte der schwarzen Magie und den teuflischen Künsten, hat neue Nahrung bekommen und wendet sich in gefährlichem Murren gegen mich. Alte Feinde horchen auf. Die Hetze wider mich, den vielfach im Leben Ausgezeichneten, gegen den gestürzten Günstling der Königin, gegen den immer noch Gefährlichen, den von ungewissen Einflüssen umwitterten Politiker und Kenner der höfischen Intriguen, kurz: die alte hämische Angst der Neider und oft von mir Gedemütigten erhebt ringsum die hundertmal gespaltenen Zunge und sucht mich zu verderben.

Unterdessen wir hier hinter verschlossenen Türen den Himmel anflehen und um Erleuchtung unseres armen wirren Verstandes und den geheimen Weg suchen, der die Menschen über sich selbst erheben könnte und sie vom Fluche des Todes und des Tierlebens befreien, ziehen sich draußen vor den Mauern von Mortlake die Gewitter der Hölle zusammen und alles sinnt auf meinen Untergang! – – –

Oft, mein Gott, schwinden mir die Sinne und wankt mir der Glaube an meine Berufung. – – – Ist es denn Wahrheit, was Gardener, mein im Zorn von mir gegangener Freund, mir einmal, als ich ihm widersprach, vorhielt: daß ich einen Baum ziehen wolle, ehe ich den Samen in die Erde gesenkt hätte!! – Wüßte ich, wo ich den Freund suchen soll, ich riefe ihn reuevoll zurück und bettete mein altes müdes Haupt wie ein Kind in seinen Schoß... Aber auch dazu ist es zu spät. –

 

Kelleys Kräfte wachsen mit meiner Schwäche. Ihm habe ich alle Leitung übergeben. Meine Frau Jane billigt es schweigend; sie sieht seit langem meine verstörte Miene mit Sorge und Mitleid. Ihre Tapferkeit allein erhält mich noch aufrecht. Sie ist ein zartes, keineswegs von besonderen Kräften des Leibes emporgetragenes Geschöpf und dennoch schaut sie mit ruhigem Mut der Not ins Auge um meinetwillen. Sie sieht und will nichts als mein Heil. Das ist eine gute Kameradschaft auf der Straße des Verschmachtens. – – – Oft muß ich denken, wie seltsam es ist, daß nicht nur Kelley von Tag zu Tag mehr gedeiht nicht nur an leiblichem Wohlbefinden, je siecher und müder und erschöpfter ich werde, sondern auch an seinen nicht wegzuleugnenden übernatürlichen Kräften, – ebenso der Grüne Engel vom westlichen Fenster und das gespenstige Kind, das ihm vorangeht, werden immer deutlicher und leibhaftiger! Der Gedanke an die biblischen Worte Johannes des Täufers läßt mich nicht los: "Jener wird wachsen, ich aber schwinde." – Ob dies geheimnißvolle Gesetz einer geistigen Welt wohl auch für die finsteren Wesen des Abgrunds seine Gültigkeit hat? Ists so, dann Gnade mir Gott! Dann wäre Kelley der, der wächst, und ich – – –. Und der Grüne Engel wäre – – – nein! nein! ich will es nicht ausdenken. – – –

 

Unruhige Träume zerfressen meine Nächte; aber je verzehrter von vergeblichen Hoffnungen meine Tage zerflattern, desto herrlicher tritt der Grüne Engel hervor, wenn die Gezeiten des abnehmenden Mondes kommen: immer reicher und prunkhafter ist er gekleidet, von Gold und Juwelen überdeckt stellt er sich unsern Augen dar. So groß ist der Glanz seiner Erscheinung geworden, daß, bliebe nur ein winziges Stück von dem Mantel seiner Herrlichkeit zurück, wenn er verschwindet, wir auf Lebenszeit aller Sorgen um das königliche Brot enthoben wären.

 

 

Seit neuestem zieren seine Stirn Edelsteine, wie Blutstropfen so groß, und von rubinrotem Feuer, daß ich oft schon mit Schmerz und Schauer vermeinte, das Haupt des von Dornen zerfleischten Heilands in überirdischem Glanze vor mir zu sehen. Und Schweißtropfen, von herrlichsten Diamanten gebildet, leuchten auf seiner Stirn, als mir auf der meinigen in so mancher verwichenen Nacht gestanden haben. – O Gott, daß ich nur nicht lästere: warum fällt nicht einer dieser Tropfen unermeßlich kostbaren Blutes und Schweißes auf die Diele meiner Stube!

Ich warte – – – warte – – – warte – – –. Die Zeit ist für mich geworden ein kreißendes Weib, das nicht gebären kann und Erlösung erfleht in einem kein Ende findenden ununterbrochenen Schrei. – Ich lebe von der Hoffnung, aber diese Nahrung zerreißt mir den Leib. Mein Trank ist die Vertröstung, aber ich verdurste daran. Wann werde ich sagen können: es ist vollbracht? – – –

 

 

Nun haben wir uns gänzlich der Zubereitung der Goldtinktur zugewendet und kaum vergeht eine Sitzung, in der nicht der Grüne Engel uns für den kommenden Tag und dann wieder für die nächste geeignete Sternstunde das Geheimnis des Steins zu enthüllen und die Formel mitzuteilen verspricht, die das Werk krönt. Und immer wieder ist eine neue Bedingung dabei, eine neue Vorbereitung, ein neuer Wurf des Letzten an Können und Habe, ein neues Opfer, ein neues sich Hinabstürzen in den schwarzen Abgrund der Hoffnung und des Vertrauens. –

 

Die wildesten Gerüchte gehen wieder im Volke um, was alles sich zutrüge auf Mortlake, so daß es mir am besten scheint, die Leute – übel- wie wohlgesinnte – möchten erfahren, was nötig, wie es mit meinen Versuchen und Studien steht. Besser, als der Verläumdung freien Zügel zu lassen und an einem unverhofften Tage der Wut, der Feindseligkeit und dem Blutdurst des Pöbels ausgeliefert sein! Ich habe darum gestern dem Ansinnen Lord Leicesters in London, der mir in alter Zeit wegen noch immer wohlgesinnt scheint, endlich nachgegeben und ihn, zusammen mit mehreren Herren des Hofes, die neugierig sind, unsere Wunder zu sehen, zu mir nach Mortlake herausgebeten. – – –

 

 

Also sind nun Lord Leicester mit Gefolge samt dem Polenfürsten Albert Laski bei mir im Schloß eingetroffen und füllen mir Haus und Hof mit lärmendem Wesen bis zum letzten Winkel. Von den Kosten der standesgemäßen Bewirtung und Unterkunft will ich lieber ganz schweigen. Es hat wieder eine erkleckliche Prise aus dem Grabraub des Heiligen Dunstan gekostet, aber Kelley lachte nur höhnisch dazu und hat etwas in den Bart gebrummt: er werde seine Vögel schon rupfen!! Ich biß die Zähne zusammen, denn ich erriet, was er vorhatte. Was ist mir in meinem Leben rastlosen Suchens nach der Wahrheit erspart geblieben?! Was alles an Schmutz, Gemeinheit, Strafe und Verbrechen hat nicht dieser fahrende Apothekerlandstreicher mit seinem Ärmel an mir abgewischt?! – – –

 

In meinen Protokollen steht verzeichnet, was sich in den Sitzungen begab, die die Herren aus London bei mir veranstaltet haben. Die Verwirrung in meinem Hause und meiner Seele steigt von Tag zu Tag. Was soll ich noch vieles sagen zu dem neuerlichen Wechsel und Abschweifen des mystischen Frage- und Antwortspiels zwischen Kelley und dem grünen gespenstigen Kind? Nicht mehr ist die Rede von Unsterblichkeit und "Grönland" und Königin und Krönung der Persönlichkeit und von all den überirdischen Gnaden der Auserwählten; ja nicht einmal die Rede ist mehr, wie das Salz und die Essenz zu bereiten sei, sondern mit dem Ehrgeiz und dem weltlichen oberflächlichem Geschwätz und Gelüst der Hofleute und des intriganten Polenwojwoden ist alle Sammlung und Einkehr des Gemütes in das Gegenteil verdreht und die Sitzungen hallen wieder von den ungestümen Fragen dieser Menschen nach dem lächerlichen Lauf ihrer angesponnen Pläne und ehrgeizigen Absichten, als ob sie in der Höhle der Hexe zu Uxbridge säßen und aus dem Gebräu ihres Unrates sich nach Art der Jahrmarktsdirnen wahrsagen lassen wollten. Und dabei liegt Kelley in Verzückung wie damals, als die Fragen des geistigen Lebens an Aristoteles, Plato und König Salomo gestellt worden, – nur sprechen jetzt aus seinem Munde die Kammerdiener und die Speichellecker der königlichen Schlafstuben. – – –

 

Ekel! – Ekel über Ekel! – Und nicht einmal, wovor mich ekelt, weiß ich! – – –

 

Nach jeder solchen Sitzung erhebe ich mich mit ausgelaugtem Mark, kaum daß meine Füße mich noch zu tragen vermögen; aber nach jeder solcher Sitzungen geht Kelley hervor mit einem neuen Zuwachs an robuster Stärke, an siegreicher Zuversicht und mit immer selbstbewußterer Haltung. Nicht mein Gast ist er mehr in meinem Hause, mein Schüler und Famulus, sondern ich bin hier nur mehr der Geduldete, der Diener seiner Wunderkraft, der Sklave seiner wachsenden Ansprüche und Forderungen.

 

Und damit mir kein Bekenntnis der Scham erspart bleibe: Er, Kelley, ist es nun, der die Kosten dieses Haus- und Hofhaltens zeitweilig damit bezahlt, daß er sich von meinen Gästen, namentlich von dem Fürsten Laski, der über märchenhafte Einkünfte zu verfügen scheint, für die Mitteilungen bezahlen läßt, die er ihnen im Namen des Grünen Engels macht. So also lebe ich nun jetzt mit den Meinen von den Trinkgeldern des Scharlatans! – Denn seit neuestem ist es mir kein Geheimnis mehr, daß der Kelley vor Betrug und Täuschungen in diesen Sitzungen nicht zurückschreckt, sondern er verkündet mit verstellter Stimme und Gebärde, was die Eitelkeit und die Unersättlichkeit der törichten Frager nur zu hören wünscht und was ihrem grenzenlosen Ehrgeiz schmeichelt. – Er hat mir auch mit frechem Wort und zynischem Lachen eingestanden, daß es so ist, und mir anheim gestellt, mir das Bett unter dem Leibe wegpfänden zu lassen, um die illustren Gäste zu verköstigen, wenn mir das lieber sei. Aber viel tiefer noch als diese Demütigung, gewissermaßen der Geschäftsgenosse eines Beutelschneiders und Schwindlers zu sein, wühlt in mir die furchtbare Frage: wie darf die Vorsehung dulden, daß himmlische Boten wie der Grüne Engel und das gespenstige Kind vom Westlichen Fenster ruhig solch gräßlichem Betrug vor ihren Augen und in ihrer Gegenwart und in ihrem Namen zusehen?! Denn daß sie mittendrin erscheinen, leibhaftig, greifbar und sichtbar für alle Anwesenden, hat sich dutzende Male erwiesen! – Es ist das alles über mich gekommen, verheerend und plötzlich wie ein Wüstensturm, und ich sehe den Schlund des Verhängnisses offen, der mich jede Stunde zu verschlingen droht. Wird der Kelley entlarvt, so falle ich mit, dann bin ich an ihn gefesselt, und wer würde mir glauben, ich sei unschuldig? Bin ich es doch selbst in meinen eigenen Augen nicht mehr! –

 

 

Schon sind die Einladungen dringend geworden, die mich nach London rufen zur Königin Elizabeth, die durch die überschwenglichen Berichte des Polen Laski neugierig geworden ist und von mir verlangen wird, daß ich ihr die neuentdeckten Wunder der geöffneten Tür zum Jenseits nicht vorenthalte. In diesem Falle gehts dann um mein Leben. Aber nie werde ich dulden, daß Kelley auch vor ihr seinen Betrug erneuere!! – Hier steht das Letzte, John Dee, und hier ist die Grenze deiner Irrtümer und Verbrechen an dem Geheimnis des Baphomet!! – – –

 

Oh, hätte ich nie meine Träume aufgeschrieben! – Wie wahr ist doch, was die alten Eingeweihten sagen: wer Träume aufschreibt oder sie erzählt, dem werden sie Wirklichkeit! – Ist er nicht leibhaftig geworden, der Mann mit dem abgeschnittenen Ohren, von dem ich geträumt habe?! Jetzt steht er hüllenlos vor mir in der schmutzigen Gestalt meines Haus- und Schicksalsgenossen Kelley! – Und wieder und wieder muß ich des Bartlett Green gedenken und des Mascee, der beiden Aasgräber und Gruftschänder, der beiden Boten aus dem Jenseits des toten rächenden Bischofs Dunstan. Ich bin das Opfer des unheimlichen Verhältnisses geworden, das mir die Elfenbeinkugeln zugesandt hat, damit sei sich in Eisenkugeln verwandeln, an meine Füße gebunden wie die, die ein Verbrecher durchs Leben schleppt. – – –

 

Nun hat der Pole Laski aus London mit beredtem Fürwort der Königin nach mir und Kelley geschickt, daß wir an den Hof kommen sollen und dort in feierlicher Sitzung den Grünen Engel beschwören, – – – weil den Wojwoden aus Polland das Podagra ergriffen und wir ihm aus dem Munde der Unsterblichen ein wirksames Heilmittel gegen seine Burgunderfüß mitteilen sollen!!

 

Oh, es nimmt den Weg, den ich habe kommen sehen: – Wirrwarr über Wirrwarr! Not über Not! Schande und Untergang! – – –

Wir sind auf Befehl der Königin aus unserer Weigerung abberufen und müssen eilends nach London kommen. – – – Wir haben bei Hofe die prächtigste Aufnahme gefunden, aber um welchen Preis meiner Seele! –

Elizabeth bestand darauf, daß sofort einige Sitzungen abgehalten wurden, wobei zwar keine sichtbaren Erscheinungen auftraten, wohl aber aus dem bewußtlosen Munde des Kelley zwei Geister sprachen, die sich Jubandalace und Galbah nannten und dem Polen verhießen, er werde nicht nur bald genesen, sondern sogar König der Türkei werden. Elizabeth verbiß sich nur mühsam das Lachen, aber ich sah ihr an, wie sehr es sie gelüstete, mit mir das alte grausame Katz-Mausespiel wieder zu beginnen, und welche satanische Freude es ihr bereitete, mich am Abgrund der Lächerlichkeit hintaumeln zu sehen.

 

 

Was treibt sie zu solchem Beginnen? – Unerforschliche Vorsehung! – Ist dies die Bürgschaft und die Verheißung unserer geheimnisvollen seelischen Verbindung?! – Ist dies das Ende des Wegs zum Baphomet mit der Krone und dem ewig funkelnden Krystall?! – – –

Ich konnte dem allen nur Einhalt tun, indem ich meinen alten Freund Leicester anflehte, zu bewirken, daß die Sitzungen in London abgebrochen würden. Sonst hätte sich noch ereignet, daß die Geister dem Laski zu schlimmsterletzt die Herrschaft über Großbritannien und die ganze Welt versprochen hätten. Es fand sich denn auch zum Glück alsbald Gelegenheit, die Königin aus ihrer teuflischen Lust an meiner Verlegenheit zu reißen. Ich beschwor sie bei einer Unterredung, Abstand zu nehmen von ihrer Neugier, mit den Geistern des Kelley zu verkehren, solange ich selbst nicht klar sehen könnte, welcher Art sie seien. – Ich stellte ihr vor, wie auch das Jenseits bevölkert sein möchte von Wesen der allerverschiedensten Gattungen und von Irrlichtern, die imstande seien, die Formen von Engeln vorzutäuschen, so daß die Erhabenheit der Majestät gleichsam in Gefahr stünde, sich den bösartigen Klatschzungen von Neckphantomen auszusetzen. Worauf die Königin nach langem ernsten Nachdenken die Frage an mich stellte, ob ich mir denn in Zukunft von meinen Geisterbeschwörungen mehr verspräche, als von meinen früheren Plänen, Grönland zu erobern?

Ich antwortete mit einem festen "Ja!" – Und indessen sie mich mit einem tiefen Blick prüfte, fuhr ich fort: "Ob ich nun auf solche oder auf eine andere Weise mein Leben hinbringe, – auf der Entdeckungsreise nach dem Lande der Erfüllung war ich und bleibe ich, solang ich das Licht schaue; und wo immer ich landen oder stranden mag, da will ich die Fahne meiner letzten Liebe hissen und Engelland nicht anders greifen als Wilhelm der Eroberer, da er England niederstürzend mit Händen griff und in Besitz nahm."

 

 

Die Königin antwortete nicht. Ich ließ sie bei ihrem Schweigen. Ich sah aber, daß sich ihr Hochmut wider mich bäumte, und darum verstand ich wohl, warum sie zum Spott als Abwehr griff, indem sie sagte:

 

"Inzwischen, Magister Dee, hören Wir ja zu Unserer Befriedigung, daß Euer Verkehr mit der obern Welt nicht ohne irdischen Nutzen für Euch bleibt, da Ihr doch den Stein der Weisen und die Bereitung der edlen Tinktur des Goldmachens Euch habet von den Überirdischen offenbaren lassen."

 

Ich erschrak nicht wenig über diese Kundschaft, denn ich hatte meine alchymistischen Versuche jedermann gegenüber geheim gehalten und konnte nicht fassen, daß sie dennoch zu Ohren der Königin gekommen waren. Dann aber hob ich unerschrocken das Haupt, weil ich hoffte, es böte sich da unversehens Gelegenheit, mich aus allen meinen Verlegenheiten lösen zu können. Ich legte darum der Königin mit aller Offenheit dar, daß ich mich bisher vergebens bemüht hätte, das Geheimnis der Metalltransmutation zu finden, und daß ich nicht nur keinen Nutzen, sondern vielmehr den Ruin meines Vermögens gewonnen.

 

Da erst horchte Elizabeth auf, als habe eine menschliche Regung ihr gegen mich so kaltes Herz ergriffen, und sie fragte mich, ob ich ihrer Börse bedürfe.

 

Ich wollte nicht als Bettler vor ihr stehen und erwiderte deshalb mit einem letzten Rest von Stolz, daß ich nicht unnötig die Gnade meiner Gebieterin in Anspruch nehmen wolle, mich aber ihrer Worte erinnern werde, sobald die tiefste Not mich dazu zwingen sollte. – – –

Nun sind wir endlich wieder dem Trubel der Stadt entronnen und haben in dem stillen Mortlake die Arbeit von neuem in der alchymistischen Küche aufgenommen.

Neues Unheil hat nicht lange auf sich warten lassen: bei einem Experiment, das ich anstellte, ist das ganze Laboratorium in die Luft geflogen. Wie durch ein Wunder bin ich dabei unversehrt geblieben, aber die Mauern meines Schlosses zeigen tiefe Risse und der abergläubische Haß der bäurischen Umwohner ist so erregt, daß ich stündlich mit einem Überfall rechnen muß, denn sie ließen mich wissen, daß sie den Teufel nicht länger in ihrer Gemarkung zu dulden willens seien. – Es geht zu Ende.

Der Grüne Engel verspricht und verspricht – von Tag zu Tag bestimmter, zuversichtlicher: näher der endlichen Erfüllung soll alles sein, so sagt er. Aber wir alle fühlen, daß Hilfe zu spät kommt; der lange mit Schrecken erwartete Tag des Zusammenbruchs ist da.

Wir berieten mit Kelley ein letztes Mal und kamen zu dem Entschluß, nichts mehr von dem roten Pulver zu opfern, um mit dem gewonnenen Gold das knappe Leben zu bestreiten, sondern so rasch wie möglich außer Land und nach Böhmen zu gehen, um dort bei Kaiser Rudolf, dem berühmten Adepten der königlichen Kunst, und seinen ebenso begeisterten adeligen reichen Freunden die Arbeiten wieder aufzunehmen und dies mit um so größerem Erfolg, als ja dem mißtrauischen Habsburger mit einem Experiment der Metallverwandlung vor seinen Augen könne aufgewartet werden dank der noch vorhandenen Reste aus den Elfenbeinkugeln des heiligen Dunstan. Dort in Prag müsse dann eben das Letzte daran gesetzt werden, inzwischen aus dem Buch des Heiligen den Weg zu finden, wie der Stein zu bereiten sei, womit schließlich aller Not ein Ende gemacht und unserem Glück und Ruhm freie Bahn geschaffen würde. Daß am Hof zu Prag die Aussichten eines erfolgreichen Alchymisten ganz anders sind, als in England und unter den Augen einer undankbaren Herrin, darüber kann kein Zweifel bestehen.

Lang erwog ich mit meiner Frau Jane den Schritt, denn es wollte mich hart ankommen, in meinem nun bald sechzigsten Jahr nochmals landflüchtig zu werden, aber der Grüne Engel hatte uns mit so starken und verheißungsvollen Worten den Befehl gegeben, aufzubrechen, die Heimat zu verlassen und zu Kaiser Rudolf zu reisen, daß ich nicht mehr länger zu zögern beschloß. Als wollte der Himmel selber den Beweis für die Richtigkeit dieses Befehls erbringen, erhielt ich gestern einen Brief des Fürsten Laski aus Polen, worin er mich einlud mit den schmeichelhaftesten Worten und mich bat, mit meiner Gattin und Kelley auf seinen Gütern als Gast zu verweilen, solange es uns gefiele. Die Kosten der Reise trage er selbstverständlich, und über dies setzte er mir ein hohes Jahresgehalt aus. – Die Freude über diesen Brief hielt nicht lange vor; Zettel und Drohungen, uns allesamt zu erschlagen und mir den roten Hahn aufs Dach zu setzen, staken bereits am nächsten Morgen unter meiner Tür. – Das ist zuviel: das Leben der Meinigen darf ich nicht aufs Spiel setzen. – Den Schutz der Behörden anrufen? Es hätte keinen Zweck. Sie würden mich im Stich lassen. Ich fühle zu deutlich, daß hinter dem Bauernaufstand sich mächtige heimliche Feinde verbergen, die mir übel wollen und mich zu verderben trachten. So werde ich selber handeln! – – – Geld von Laski ist nicht gekommen und das hat die Lage so verschlimmert, daß ich mich durch die Vermittlung Leicesters an Königin Elizabeth habe wenden müssen um Hilfe. – Das ist nun schon alles einerlei! An Stolz habe ich nichts mehr zu verlieren. Ich will nicht zum Mörder meines Weibes und meines Kindes werden! – – –

 

Von der Königin erhielt ich heute durch einen reitenden Boten: – – – vierzig Engelstaler und ein Handschreiben, in dem sie mir antwortet auf meine Vorstellungen wegen des ungenügenden Schutzes unsres Lebens und Hauses, daß ihre Macht nicht weiter reiche als die der bestellten Behörden. Überdies wundere sie sich, daß der Grüne Engel, auf den ich doch so baue, nicht ein besserer Schutzpatron sein solle als sie, eine lediglich irdische Herrscherin. Und anderes Eiskaltes mehr.

 

 

Somit ist es nun beschlossen und alles in Stille getan worden, das geringe Gepäck, dessen wir bedürfen, auf das bescheidenste zu bemessen, um die Reise so billig wie möglich zu gestalten. Alles übrige hier in Mortlake und dort draußen in der dunkeln Zukunft gebe ich in die Hand der allbarmherzigen Macht des Himmels! – – –

Heute am 21. September 1583 ist die Stunde des Abschieds gekommen; wir verlassen vor Morgengrauen in aller Heimlichkeit das Haus auf bestelltem Reisewagen und gedenken noch vor Abend Gravesend zu erreichen. – – –

Gestern zur Nacht noch hat eine Rotte von Bauern und Marodeuren vor dem Schlosse gelärmt und es ist eine Brandfackel in den verschlossenen Hof hereingeworfen worden, die mein alter Knecht mit seinen Füßen austrat. Wir sind mit Mühe einer Horde neuer Unruhestifter auf unserer Flucht ausgewichen und im Frühnebel knapp entkommen. – – –

Mein Gott, nun ist es so, wie ich es hier in meinem Diary geschrieben habe: ich bin auf der Flucht! – Hinter mir liegt das letzte Besitztum, das auf Erden mein war und den Namen meines Geschlechtes mit dem Boden Englands verbindet: Mortlake ist dem Ansturm des Pöbels preisgegeben, vielleicht noch, bevor ich den ungastlichen Strand der Heimat verlassen habe. – – –

 

Mit meinen alten trüben Augen habe ich den Brand von Mortlake gesehen! Schwarze Wolken stehen am Horizont, dort, wo mein Schloß hinter den Hügeln liegt. Schwarze Wolken von dickgeblähtem Rauch, der von giftgeschwollenen Dämonen bewohnt und emporgetrieben scheint, wirbeln im Hexentanz über der Stätte einstigen Friedens. Die bösen Geister der Vergangenheit sind über ihrem Fraß. Mögen sie sich sättigen! Möge ihnen das endlich hingeworfene Opfer genügen! Mögen sie mich vergessen über ihrer Orgie und ihrem Leichenschmaus!! – Eins nur schmerzt mich tief: meine schöne, liebe Bibliothek! Meine mir ans Herz gewachsenen Bücher! Die Racheteufel so wenig wie der Pöbel in seiner hoffnungslosen Dummheit werden sie verschonen. So manches Werk ist darunter, das das einzige und letzte seiner Art auf Erden war. – Verbrennende Offenbarung tiefster Weisheit, verkohlende Liebe treuester Belehrung: fahre hin und löse dich wieder in der Flamme, aus der du stammst; es ist schade um ein gutes Wort, das man zur Bestie spricht. – Besser, ewig zu brennen und aufzufahren in die Heimat, die der Herd des ewigen Feuers ist! – – –

Date: 2015-09-05; view: 275; Íàðóøåíèå àâòîðñêèõ ïðàâ; Ïîìîùü â íàïèñàíèè ðàáîòû --> ÑÞÄÀ...



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