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Rückblick 1 page





 

Roderich der Große von Wales ist mein Urahn, und Hoël Dhat, der Gute, von dem die Volkslieder durch die Jahrhunderte hindurch gesungen haben, ist der Stolz unseres Geschlechts. So ist mein Blut älter als das der "beiden Rosen" Englands und so königlich wie irgend eins in den Königreichen, das zur Herrschaft berufen ist.

 

Dem Stolz des Blutes verschlägt es nichts, daß die Besitztümer der Earls of Dee und ihre Titel in den Stürmen der Zeit zerstreut, zerbrochen und verloren gegangen sind. Mein Vater, Rowland Dee, Baronet of Gladhill, wüst an Sinnen und wilden Gemüts, behielt nichts übrig von allem Vätererbe als die Feste Deestone und einen leidlich ausgedehnten Grundbesitz, dessen Rente eben ausreichte, seine rohen Leidenschaften zu befriedigen und daneben seinen wunderlichen Ehrgeiz: aus mir, seinem einzigen Sohn und dem Letzten des alten Geschlechts, eine neue Blüte und einen neuen Ruhm für unser Haus hervorzuzüchten.

 

 

Als wollte er Vaters- und Urgroßvaterssünden durch mich sühnen, so tat er seiner Natur Gewalt an, sobald es um meine Zukunft ging, und obwohl er mich nie anders als von weitem gekannt und unsere Natur und Art so verschieden waren wie Wasser und Feuer, so danke ich doch ihm allein jede Pflege meiner Neigungen und jede Erfüllung meiner ihm so fremden Wünsche. Der Mann, dem jedes Buch ein Greuel und Wissenschaften ein Hohngelächter waren, förderte alle meine Geistesgaben auf die sorgfältigste Weise und ließ mir, auch hierin jähen Stolzes, die allervortrefflichste Bildung angedeihen, die nur ein reicher und hochgeborener Herr in England genießen kann. Zu London und Chelmesford hielt er mir die ersten Lehrer jener Zeit.

 

Auf dem St. Johns College zu Cambridge vervollkommnete ich mein Wissen im Kreise der vornehmsten und tüchtigsten Geister dieses Landes. Und als ich nicht ohne Ehre die Würde eines Baccalaureus von Cambridge, die nicht gekauft und nicht erschlichen werden kann, in meinem dreiundzwanzigsten Jahre errang, da gab mein Vater auf Deestone ein Fest, das ihn schier ein Drittel seiner Güter zu verpfänden zwang, um die wahrhaft königlichen Schulden bezahlen zu können, die er zur sinnlos verschwenderischen Ausstattung dieser Jubeltage gemacht hatte. Bald darauf starb er.

Da meine Mutter, eine stille, feine und vergrämte Frau, schon lange tot war, so sah ich mich in meinem vierundzwanzigsten Jahr plötzlich als einzigen und unabhängigen Erben eines immer noch stattlichen Besitzes und eines Titels von altem Glanze.

 

Wenn ich zuvor mit so starken Worten hervorgehoben habe, wie gegensätzlich unser beider Naturen waren, so habe ich dies nur in der Absicht getan, das Wunder in der Seele eines Mannes gebührend ins Licht zu setzen, der, selber nur von Waffen- und Würfelspiel, Jagd und Trunk erfüllt, dennoch die von ihm feierlich verachteten sieben freien Künste wert genug hielt, um von ihnen – und meiner Neigung für sie – sich einen erhöhten Ruhm seines immerhin schon ziemlich in den bösen Zeitläuften abgewitterten Ahnenschildes zu erhoffen. Nicht aber wollte ich sagen, daß ich nicht selbst auch ein gut Teil von dem wild und unabhängig einherfahrenden Wesen meines Vaters überkommen hätte. Rauf- und Sauflust und manch ein noch bedenklicherer Zug meines Charakters hatte mich schon in frühen Jahren nicht selten in die abenteuerlichste Lage gebracht und mitunter sogar in allerhand halsbrecherische Gefahr. Darunter war die einstige, in jugendlichem Übermut vielleicht schon mehr als kecke – Affaire mit dem Rabenhäuptling noch nicht einmal die schlimmste gewesen, obschon sie meinem Leben die verhängnisvollste Wendung gegeben hat.

Unbekümmertheit um den kommenden Tag und rauhe Abenteuerlust war es darum auch vor allem gewesen, was mich veranlaßte, alsbald nach des Vaters Tod Haus und Land den Verwaltern zu überlassen und mit mehr als bescheidener Rente auf Reisen zu gehen wie ein Lord. Mich reizten die Hohen Schulen zu Löwen und zu Utrecht, zu Leyden und zu Paris, das große Leben, – freilich auch der breite Ruhm der dort zu üppiger Blüte gelangten öffentlichen und Geheimen Wissenschaften.

Cornel Gemma, der große Mathematikus, – Frisius, der würdige Nachfolger Euklids in nordischen Landen – und der hochberühmte Gerhardus Mercator, der erste unter den Erd- und Himmelskundigen meiner Zeit, sind dort meine Lehrer gewesen und ich war nach Hause zurückgekehrt mit dem Ruhm eines Physikers und Astronomen, der keinem in England nachstand. Und solches in meinem vierundzwanzigsten Jahr!! – Mein Hochmut war darum nicht gering, und mein natürlicher und geerbter Übermut hatte daraus jede erwünschte Nahrung gezogen.

Der König übersah meine Jugend wie meine tollen Streiche und machte mich zum Lehrer der Griechischen Sprache an seinem besonders protektionierten Lieblingscollegium zur Heiligen Dreifaltigkeit in Cambridge: Was hätte meinem Stolz süßer eingehen mögen, als diese frühe Berufung an den Ort, woselbst ich einst die Schulbank gedrückt hatte?!

 

Meister unter fast Gleichaltrigen, ja oft Älteren, war mein collegium graeciae allermeist mehr ein collegium bacchi et veneris zu nennen, als ein collegium officii. Und wahrlich, noch heute möchte mir die Erinnerung an jene Aufführung des "Friedens" von dem alten Komödiendichter Aristophanes, dem Göttlichen, das Mauls ins Lachen verziehen; er war von meinen Schülern und Kumpanen dargestellt und von mir höchst mirakulös in die Scene gesetzt gewesen. Ich konstruierte damals einen Riesen-Mistkäfer nach Vorschrift des Dichters, von furchterregendem Aussehen, dessen Leib eine so wohl ersonnene mechanische Einrichtung barg, daß derselbige Käfer sich stracks in die freie Luft erhob und über die Köpfe der abergläubisch aufschreienden Zuhörerschaft damals geradewegs in den Himmel aufburrte und mit großem Getöse und Gestank die Botschaft zu Jupiters Tron brachte.

Wie haben die guten Professoren und Magistri, nebst den ehrenwerten Bürgern und Bürgschaftsvorständen, die Nasen erhoben und die Stoßgebetlein unter die Sitzbänke strömen lassen vor Angst, Not und Entsetzen über das Zaubermirakel und die schwarze Kunst des jungen, allzufrechen Tausendkünstlers, John Dee.

Bei all dem Lärm, Gelächter, Gezeter und Halloh dieses Tages hätte ich mit achtsameren Sinnen wohl lernen mögen Art und Weise dieser Welt, in der zu leben ich doch geboren und verdammt bin. Denn es antwortet diese Welt und der Pöbel darin, der ihr sein Gesetz giebt, auf harmlosen Übermut und Schabernack mit bitterm Haß und tödlichem Ernst seiner Rache.

Sie stürmten mir damals das Haus in jener Nacht, um mich, den Teufelsbündler, zu fangen und vor ihr hirnlos unsinniges Gericht zu schleppen. Und Dechant und Fakultätssuperior krächzten dem Pöbel voran, schwarzen Aasvögeln gleich, um der "Gotteslästerung" eines fröhlichen mechanicus willen! – Und wäre in jener Nacht nicht Dudley-Leicester, mein Freund und der würdige und verständige Rektor des College gewesen, wer weiß, ob mich der gelehrte und profane Pöbel nicht schon in selbiger Stunde vom Leben zum Tode gebracht und an meinem gerinnenden Blut die gierige Luft gebüßt hätten! –

So aber entrann ich damals auf raschem Pferd nach meinem festen Deestone und von da aus aufs neue übers Meer nach der Stadt Löwen auf die Hohe Schule. Hinter mir ließ ich ein ehrenvolles Amt, eine leidliche Besoldung und einen von gehässiger Unfläterei derer Gerechten und Frommen über und über beschmutzten, durch allen Unrat der Verdächtigungen gezogenen Namen. Allzuwenig schierte mich damals noch die scheinbare Ohnmacht der tief unter meinem Stande hin und widerzischenden Lästerungen. Noch gänzlich unkundig war ich der Erfahrung in dieser Welt: kein Stand ist zu hoch und kein Verläumder zu gering und verächtlich geboren, als daß nicht Anfeindungen von noch Größeren zu ihrer Zeit beide miteinander zusammenknüpfte und aus dem Geifer der Tiefe das Gift für den Edelgeborenen mischte!

O, meine Standesgenossen, wie habe ich sie inzwischen bitterböse kennen gelernt! –

 

 

Chemie und Alchymie habe ich dann zu Löwen bis auf den Grund studiert und die Natur der Dinge erforscht, soviel ein Lehrer davon zu lehren verstand. Und daraufhin mir zu Löwen mit teurem Gelde eine eigene Küche erbaut und fleißig den natürlichen und göttlichen Geheimnissen der Welt für mich allein nachgespürt. Ist mir auch manches Wissen und Einsehen in die elementa naturae geworden. –

 

Damals nannte man mich magister liberarum artium. Und da das blöde und giftige Gerücht aus meiner englischen Heimat ich hier nicht wohl erreichen und verfolgen konnte, so genoß ich doch bald hohe Ehren unter den Gelehrten und Nichtgelehrten und zählte, als ich im Herbst auf der Kanzel zu Löwen Astronomie vortrug, zu meinen Schülern die Herzöge von Mantua und Medina Cöli, die damals einen Tag in der Woche aus Brüssel eigens zu mir herüber ritten, allwo Kaiser Karl V. Hoflager hielt. Und zu mehreren Malen war die Majestät selbst bei den Zuhörern und duldete nicht, daß Seinetwegen im geringsten die Ordnung und gewohnte Weise des collegii verändert werde. Auch Sir William Pickering aus meiner Heimat, ein gelehrter und sehr ehrenwerter Gentleman, und Matthias Haco und Johannes Capito aus Danmarken hörten fleißig meine Vorträge. Und damals war es, daß ich Kaiser Karl anriet, die Niederlande auf eine Zeit zu verlassen, da ich eine Seuche aus gewissen, untrüglichen Umständen, so ich zuvor wohl studiert hatte, in jenem feuchten Winter herandringen sah und dem Kaiser solche Gefahr treulich anzeigte. Der Kaiser Karl war baß erstaunt und lachte und wollte solcher Prophezeiung keinen Glauben schenken. Und viele Herren seines Gefolges nahmen den guten Anlaß wahr und versuchten, mich mit Spott- und Lügenreden aus der sichtbaren Gunst Seiner Majestät zu drängen, da ihnen diese schon bei längstem ein Greuel und fressender Neidwurm war. Es war aber der Herzog von Medina Cöli, der dem Kaiser mit ernstem Bedenken nahe ging und ihm sehr empfahl, meine Warnungen nicht in den Wind zu schlagen. Denn ich hatte dem Herzog, als ich sein Wohlmeinen erkannte, gewisse Zeichen gewiesen, auf die ich meine Weissagungen zu stützen verstand.

 

Sind denn auch bald nach Jahreswende die Anzeichen der Seuche so gemehrt worden, daß Kaiser Karl V. sein Lager zu Brüssel in großer Eile räumte und bald außer Landes zog, nicht, ohne mich ihn sein Gefolge zu fordern, und, als ich diese Ehre bei anderen, dringlichen Plänen ausschlagen mußte, mich mit einem fürstlichen Geldgeschenk und einer güldenen Kette nebst Gnadenpfennig auf das Schmeichelhafteste zu entschädigen.

Bald darauf erhob sich der hustende Tod in Holland und wütete dermaßen, daß damals binnen zweier Monate bei dreißigtausend Tote in den Städten und auf dem Lande gezählt wurden. –

Ich selber hatte mich vor der Seuche gewandt und war nach Paris übergesiedelt. Dort waren Turnebus und Petrus Remus, der Philosoph, und Rançnet und Fernet, die großen Ärzte, und Petrus Nonius, der Mathematiker, meine Schüler in der Euklidischen Geometrie und in Astronomie. Alsbald kam auch König Heinrich XI. in einen Hörsaal und wollte nicht anders, wie Kaiser Karl in Löwen, zu meinen Füßen sitzen. Durch den Herzog von Monteluc erging an mich das Anerbieten, Rektor einer eigens für mich zu errichtenden Akademie zu werden, oder eine Professur an der Universität zu Paris unter hohen Versprechungen für die Zukunft anzutreten.

 

Das alles aber war mir wie ein Spiel und mein Hochmut ließ es mich mit Lachen ausschlagen. Mich trieb mein düsterer Stern zum andernmal nach England zurück, denn zu Löwen hatte mir ein gespenstischer schottischer Pibrochpfeifer, – mag sein, es war der unheimliche Hirte des Bartlett Green – den Nikolaus Grudius, Kaiser Karls Geheimkämmerer, ich weiß nicht wo aufgetrieben hatte, dringlich vorgestellt, daß ich bestimmt sei, in England zu höchsten Ehren und Erfolgen emporzusteigen. Es fraß sich dies tief in meine Seele ein und mir war, als habe es noch eine ganz besondere magische Bedeutung, über die ich mir nicht klar werden konnte. Aber so oder so, es lag mir im Ohr und reizte meinen abenteuerlichen Ehrgeiz. Und so kam ich zurück und ließ mich ein in das höchst gefährliche und blutige Spiel der Kräfte, das damals die Reformation zwischen papistisch und lutherisch Gesinnten entfesselte und das, von der königlichen Familie angefangen, bis tief hinab ins letzte Dorf Brüder verfeindete und Eltern entzweite. Ich nahm die Partei der Reformierten und dachte, in raschem Ansturm Liebe und Hand der evangelisch gesinnten Elizabeth zu erringen. Wie das aber mißlang, das habe ich in andern Tagebüchern treulich aufgezeichnet und will es darum nicht nochmals erzählen.

 

Robert Dudley, Graf von Leicester, der beste Freund, den ich Zeit meines Lebens besessen, verkürzte mir die Tage der Verborgenheit nach meiner Entlassung – besser wäre schon zu sagen: nach meinem Entrinnen aus Bischof Bonners Gewalt aus dem Tower –, auf seinem schottischen Burgnest in den Sidlaw Hills, indem er mir wiederholt erzählte von den Beratungen und Ereignissen, die meine Befreiung bewirkt haben. Und meine gierigen Ohren konnten nicht satt bekommen, was er mir erzählte über die knabenhafte Verwegenheit und die abenteuerliche Entschlußkraft, die sich damals in Princessin Elizabeth offenbart hatten. Wußte ich doch viel, viel mehr, als der Dudley ahnen konnte. Ich wußte es, wußte es mit kaum niederzukämpfendem Jubel in der Kehle, daß Princessin Elizabeth alles für mich getan hatte, ebenso und mehr, als wenn sie es für sich selbst getan hätte, – hatte sie doch den Liebestrank getrunken, den ihr Mascee und die Hexe von Uxbridge aus meinem Leibe zubereitet hatten! –

Gewaltig hob mich dieser Gedanke und das Wissen von der Kraft des Trankes, die mir aus dem schier unglaublich kühnen Handeln der Princessin hervorzugehen schien. Mit magischer Gewalt hatte ichs gezwungen, daß ich – als Trank – in Lady Elizabeths Seele und Wille einging, daraus ich nun und nimmermehr zu vertreiben wäre und in Wahrheit auch nicht mehr zu vertreiben gewesen bin bis auf den heutigen Tag trotz aller Widerstände des unbegreiflichen Schicksals!

"Ich zwings!" – das war der Wahlspruch meines Vaters gewesen sein Leben lang und er hatte das Wort geerbt von seinem Vater; dieser vom Großahn, und so scheint der Wahlspruch alt zu sein, wie das Geschlecht der Dees. Und: "Ich zwings!" – war auch mein Sinn und Wille von Jugend auf und der Sporn zu allen meinen Taten und Erfolgen im ritterlichen, wie im gelehrten Leben. "Ich zwings!" – das hat mich bei jungen Jahren zum Lehrer und Berater von Kaisern und Königen und, ich darf es sagen, zu einem der geehrteste Natur- und Geisteskundigen meiner Zeit und meines Vaterlandes gemacht. "Ich zwings!" – das hat mich befreit aus den Krallen der Inquisition, und "Ich zwings!" –

– – – ich eitler Tor! Was habe ich denn in dreißig Jahren gezwungen?! – In den Jahrzehnten meiner besten Manneskraft?! – Wo ist die Krone von Engelland? – Wo steht der Tron über Grönland – und den Staaten im Westen, die sie heute nach einem fadenscheinigen Matrosen das Land des Amerigo Vespucci benennen –?!

Ich übergehe die fünf elenden Jahre, die ein launisches und törichtes Schicksal der lungensüchtigen Maria von England zugestand, um Großbritannien in neue, vergebliche Wirren zu stürzen und den Papisten eine verderbliche Frist zu gewähren, ihre irrgläubige und unduldsame Herrschaft wieder aufzurichten.

 

Mir selbst schienen jene Jahre wie ein weise meine Leidenschaften zügelndes Geschenk der Vorsehung, denn ich verwandte die notgedrungene Stille der Zeit zu den sorgfältigsten Studien und Vorbereitungen meiner grönländischen Pläne. Ich wußte in ruhigem Triumph, daß meine – daß unsere Zeit kommen werde, die Zeit der glorreichen Königin und meiner –: ihres durch Weissagung und Schicksal vorbestimmten Gemahls.

Denke ich zurück, so ist mir, als habe solche Weissagung mir von der Stunde meiner Geburt an im Blute gelegen. Ich meine, so damals wie heute: schon meine Kindheit war erfüllt von dem heimlichen Wissen um meine königliche Bestimmung; und vielleicht ist es diese blinde, mir gleichsam mit dem Blute überlieferte Überzeugung gewesen, die mich eigentlich nie auf den Gedanken verfallen ließ, die Ansprüche näher zu prüfen, auf die sie sich gründete.

Auch heute, nach so endlosen Enttäuschungen und Fehlschlägen, ist jenes mir mit der innersten Seele verwachsene Wissen und Gewißhaben nicht im mindesten erschüttert, wie sehr auch die Sprache der Tatsachen gegen mich zeugt. –

Aber tut sie es denn? –

Heute fühle ich das Bedürfnis, mir wie ein Kaufmann Rechenschaft zu geben über mein Vermögen, indem ich die Ansprüche meines Gemütes und meines Willens und die Erfolge meines Lebens auf die Soll- und Haben-Blätter meines Haupt-Schicksalsbuches gerecht verteile. Denn auch dieses spüre ich: in mir treibt eine Stimme mich an, bald die Bilanz zu ziehen.

Ich weiß nichts beizubringen, nicht aus Urkunden und nicht aus Erinnerungen, was mir das Recht zu der Meinung gäbe, daß schon meine Kindheit unter dem selbstverständlichen Wissen stand, ich sei verbunden mit dem einen Tron. – Und das kann doch nur der von England sein! so sage ich mir immer wieder, und in mir wohnt etwas, was mich nicht zweifeln läßt. Mein Vater Rowland hat mir wohl, nach Art verkommener und ein unrühmliches Ende ihres Hauses voraussehender Edelleute, mit hochfahrenden Worten öfters Rang und Ansehen unseres Geschlechts gerühmt und die Verwandtschaft mit den Greys und Boleyns betont. Aber er tat es vorzüglich, wenn die königlichen Gerichtsvollzieher wieder einen Acker oder ein Stück Wald pfändeten. Das Gedächtnis dieser beschämenden Vorgänge kann es also kaum gewesen sein, das mich so sehr in Zukunftsträume emporhob.

 

 

Und dennoch kam das erste Zeugnis und die erste Weissagung meiner zukünftigen Taten aus mir selbst, wenn ich so sagen darf, nämlich aus dem Glase meines Spiegels, in dem ich mich, besoffen und beschmutzt, nach der Feier meiner erlangten Magisterwürde selber sah. Die Worte, die damals das gespenstische Spiegelbild sprach, dröhnen heute noch gegen meine Ohren; und weder Bild, noch Worte schienen von mir zu kommen, denn ich sah mich schon anders im Spiegel, als ich zugleich war, und ich hörte die Rede nicht aus mir, sondern aus dem Gegenüber tönend aus dem Glase. Hier irrt mich keine Täuschung der Sinne oder des Gedächtnisses, war ich doch damals plötzlich bis zur Zehe hinab nüchtern geworden, als der Spiegel zu mir sprach.

 

 

Hierauf kam die seltsame Prophezeiung der Moorhexe von Uxbridge an Lady Elizabeth. Die Princessin selbst ließ mir später davon eine geheime Abschrift über Freund Robert Dudleys Vermittlung zugehen, dazu sie drei Worte gefügt, die ich heute wie damals auf dem Herzen trage: verificetur in aeternis. Sodann hat mir der seltsame Bartlett Green, der, wie ich heute sehr wohl weiß, ein vollkommener Eingeweihter der furchtbaren Mysterien ist, die in Hochschottland zuweilen ihre Schüler und Anhänger besitzen, im Tower mit noch viel deutlicheren Hinweisen und Zusagen entdeckt und mit untrüglichen Zeichen verbürgt, was mir bestimmt sei. Er grüßte mich als den "Königlichen Jüngling". Ein Ausdruck übrigens, den alchymistisch zu deuten, es mich bisweilen gar nicht loslassen will. Und dabei packt es mich oft, als sie die mir bestimmte "Krone" noch ganz anders als irdisch zu deuten. – – – Er, ein ungebildeter Fleischer, öffnete mir die Augen über den Sinn des nordischen Thule, des Grönlandes, als einer Brücke zu den unermeßlichen Ländern und Schätzen des indianischen Erdteils, davon der abenteuernde Columbus und Pizarro nur den kleinsten und wertlosesten Teil entdeckt und der spanischen Krone unterworfen haben. Er zeigte mir die zerbrochene und wieder zu einende Krone des Westmeeres, Englands und des nördlichen Amerika, und König und Königin, vereint und vermählt auf den Tronen der Inseln und des neuen Indiens. –

 

 

Und er war es, der – nicht nur damals im Tower, sondern danach noch zweimal, da er leibhaftig zu mir trat und Auge in Auge mit mir sprach – mir den Wahlspruch des Roderich wie mit Eisenklammern neu in der Brust befestigte: "Ich zwings!"

 

Er – er wars, der bei einem seiner Besuche mich zu letzter Anstrengung, – zu äußerster Gewalttat aufrüttelte und mich so der schrecklichen Kraft seiner Beredsamkeit, die doch so klar ist wie ein allwissender Verstand und so wohltätig wie Eiswasser auf eine fiebernde Stirn, führte, lockte und verführte, meine Königin zu zwingen, wo ihre zaudernde, ihre rätselhafte Natur immer aufs neue zurückzuheben schien.

Und abermals packts mich da: ist das alles irdisch zu verstehen?!?

Doch daß ich auch dies an einem Ort und in der richtigen Reihe lasse, will ich fortfahren, jene vergangenen Jahre zu überblicken und daraufhin zu prüfen, wo der Fehler meines heißen Bemühens verborgen liegen möchte.

 

Nach dem Tode Marias von England, der in mein vierunddreißigstes Lebensjahr fiel, schien meine Zeit gekommen. Auch waren damals alle meine Pläne zur militärischen Expedition und Besetzung Grönlands, sowie zur Ausgestaltung dieser Gegenden als Stütz- und Brückenpunkte, um Nordamerika planmäßig zu erobern, aufs allersorgfältigste schon ausgearbeitet und lagen bereit. Auch nicht der geringste Umstand, der eine so weit ausgedachte Unternehmung zu fördern oder zu behindern geeignet ist, war von mir übersehen worden, sowohl nach der geografischen und nautischen, wie nach der militärischen Seite hin, und somit mußte schon die allernächste Zeit den Beginn einer weltumgestaltenden Aktion der englischen Macht bringen.

Alles ließ sich alsbald aufs Beste an. Schon im November des Jahres 1558 hatte mir der getreue Dudley, nunmehr Earl of Leicester, den Auftrag meiner jungen Königin unterbracht, ihr das Horoskop auf den Tag ihrer Krönung in Westminster zu stellen. Mit Recht nahm ich das für einen freundlichen Gruß und Wink und begab mich mit Feuereifer an das Geschäft, das Zeugnis der Sterne und des himmlischen Schicksals selbst aufzurufen für den Emporstieg ihres Ruhmes und meiner durch Weissagung geweihten und unserer gemeinsamen königlichen Bestimmung.

 

Dies Horoskop, dessen wunderbare Constellationen in der Tat die Zeit meiner unvergleichlichen Blüte und Ernte für England und Elizabeths Regierung voraus verkündete, trug mir, neben einem namhaften Geldgeschenk, die wärmsten Lobsprüche und die Andeutung eines mehr als königlichen Dankes der Herrscherin ein. Das Geld legte ich unwillig beiseite, aber die mannigfachen geheimnisvollen Versprechungen ihrer Gunst, die sie mir immer wieder durch Leicester zukommen ließ, befestigten meine Zuversicht aufs beste und ließen mich die baldige Erfüllung aller meiner Träume erhoffen.

 

Aber – nichts erfüllte sich!

Königin Elizabeth begann mit mir zu spielen, und bis heute noch hat es sein eindeutiges Ende nicht gefunden. Wieviel mich das an Kraft, an Ruhe der Seele, an Vertrauen auf Gott und die ewigen Mächte gekostet hat, an Spannkraft des Willens und meiner ganzen niedern und höhern Natur, davon kann nie und nimmer eine Niederschrift Rechnung ablegen. Kräfte, neu eine Welt aufzubauen und zu zerstören, wurden vertan.

Zuvörderst schien es, als habe der Schmeicheltitel der "jungfräulichen" Königin, der alsbald von allen Seiten zugleich das Ohr Elizabeths umkoste und bald zu nichts weniger, als zu einem Modetitel der Majestät selbst erhoben wurde, sie dermaßen erfreut, daß ihr der bloße Name den Kopf verdrehte und sie beschloß, sich dieser Ehrenbezeugung gemäß zu verhalten. Ihr unbändiger Sinn und natürlicher Freiheitsstolz kamen dem verhängnisvoll entgegen. Von der andern Seite her widersprach jedoch durchaus die starke, natürliche Anlage ihres Fleisches, das schon früh danach schrie, das Geschlecht zu befriedigen – wenn auch oftmals auf die seltsamste und verkehrteste Weise.

 

Und einmal, – es war nicht lange vor unserm ersten, heftigen Zwist – kann mich wohl kein Mißverstehen betrogen haben, als ich ihre Aufforderung, nach Windsorcastle zu kommen, erhielt zu einem freien Beisammensein mit ihr. In jäher Aufwallung sagte ich ab, denn ich strebte keineswegs danach, die Nacht mit einer brünstigen Jungfrau zu verbringen, sondern ich begehrte den Tag ruhmvoller königlicher Gemeinschaft.

 

So mag denn das Gerücht in allerwege recht behalten, daß mein Freund Dudley, genügsameren Sinnes als ich, mit Freuden nahm, was ich mir und der Geliebten meines zeitlosen Verlangens versagt habe. Ob ich Unrecht getan habe, weiß Gott allein.

 

Was ich viel später, auf schier befehlendes Zudringen des Bartlett Green, des Ungeborenen, Niemalsgestorbenen, des Kommenden und Gehenden, getan habe, das hat mir den Blitzschlag des Fluches doch endlich auf mein Haupt herabgezogen, der mich so lange verzehrend bedroht und mich früher oder später ja doch getroffen hätte; mag es mir aber in der Unerforschlichkeit ja wohl vorausbestimmt gewesen sein. Auch ist nicht zu sagen: weil ich diesen Blitzstreich lebend überdauert habe, – wenn auch dadurch meine Lebenskraft und Seelenruhe unheilbar litt –: die Fülle dieses Fluches hätte mich zu einer andern Stunde oder unter anderen Gestirnconstellationen nicht völlig zerstört.

Aber ich bin heute trotzdem nur mehr die Ruine meiner ehemaligen Stärke. Bloß weiß ich heute: wogegen ich kämpfe!

Elizabeths zweideutiges und grausames Verhalten gegen mich bewirkte, daß ich im Zorn über ihr neuerdings gebrochenes Versprechen mich nicht zu Plauder-, Kose- und Neckstunden, sondern zu ernsthaften Beratungen nach Windsorcastle zu befehlen, – England zum andernmale verließ und zu Kaiser Maximilian nach Ungarn reiste, um diesemunternehmenden Herrn meine Pläne zu unterbreiten, wie Nordamerika zu erobern und zu besiedeln sei.

Unterwegs jedoch ergriff mich eine wunderliche Reue und es kam mir vor wie Verrat meines innersten Geheimnisses mit meiner Königin und es warnte mich und zog mich rückwärts, als sei ich mit einer Nabelschnur magisch verbunden mit der mütterlichen Natur meiner Herrin.

 

So trug ich dem Kaiser nur mancherlei vor, was ich über Astrologie und Alchymie dachte, um auf einige Zeit an seinem Hofe Unterkunft zu finden als kaiserlicher Mathematikus und Astrologus. Es zerschlugen sich aber unsre gegenseitigen Propositionen.

 

Somit kehrte ich im nächsten Jahr, dem vierzigsten meines Lebens, nach England zurück und fand Elizabeth versöhnt, so süß lockend und kalt in königlichem Stolze, wie je. In Greenwich verbrachte ich als ihr Gast Tage, die mich tief erregten, denn zum erstenmale schenkte sie meinen Vorträgen willigeres Gehör und nahm mit ernstem Dank die Früchte meiner wissenschaftlichen Mühen entgegen. Herzlich versprach sie mir ihren mächtigen Schutz gegen alle Anfeindungen der Dunkelmänner und zog mich bald auch in den engsten und vertrautesten Kreis ihrer eigenen Pläne, Ziele und Sorgen.

Damals eröffnete sie mir, bald mild, bald wild: ihr leidenschaftliches Herz bekenne sich zu jeder Schwärmerei ihrer Jugend, soviel davon meine Person beträfe, und sie gab mir frei zu wissen, daß sie meinen Trank bei der Hexe nicht vergessen habe.

Date: 2015-09-05; view: 274; Нарушение авторских прав; Помощь в написании работы --> СЮДА...



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